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Schotter, Spass und Inspektionen

Irgendwann muss auch mal Schluss sein mit Homeoffice, Beschränkungen und Behinderungen. Schon um sich wieder mehr zu bewegen und deutlich mehr Sport zu treiben. Spätestens wenn die Zeit reif ist, lange Motorradtouren zu unternehmen, steht das Thema Fitness wieder oben auf dem Programm. Und ganz ehrlich: Bei so viel Zeit im Büro wie in den letzten Monaten, ist auch nicht mehr viel Arbeit übrig. Da kann man doch nur noch Motorrad fahren…

Am 25. Juni hatte ich das Glück, einen der ersten Flieger nach Spanien zu erwischen.

Der Airport Malaga war an diesem Sonntag menschenleer. Ausser unserer Maschine stand überhaupt nur ein anderes Flugzeug auf diesem grossen Flughafen. Zugleich hatte das Personal auch irgendwie noch keine Ahnung, was es mit einer Handvoll Passagiere anfangen soll. Immerhin eine Schleuse mit Temperaturmessung musste ich passieren.

Das mittlerweile obligatorische Formular für die Einreise hatte ich zwar brav schon in Deutschland heruntergeladen und ausgefüllt. (Hier ist der Link dorthin) Angekommen in Andalusien haben sie aber glatt vergessen es einzusammeln… (Mittlerweile gab es auch schon zwei andere Versionen…)

Dass es nicht ganz einfach ist, so viele manuelle Formulare auszuwerten weiss ich schon jobbedingt. Mittlerweile stellen die Länder nach und nach auf Online-Versionen um. Tja, die „Digitalisierung“ scheint unaufhaltsam!

Ganz flott habe ich dann zunächst das Fitnessprogramm neu aufgelegt und wieder mit Triathlon begonnen. Ok, vielleicht nicht so ganz den Triathlon, den du jetzt meinst. Eher so meinen individuellen Triathlon: Joggen, schwimmen und dann Motorrad fahren. (Ich ersetze das Rennrad durch die Version mit Verbrennungsmotor, ok?!)

Für das Frühjahr wollte ich eigentlich ein paar neue Tracks ausprobieren, aber das wurde dann nichts. Jetzt, im Frühsommer musste es dann aber so weit sein. Nur einen Steinwurf entfernt erhebt sich die Sierra Tejeda mit dem 2.068 Meter hohen La Marmora. Ich wusste, dass es dort noch ein paar tolle Schotterpisten geben soll und genau die stehen ganz weit oben auf meiner Aufgabenliste.

Zunächst geht es über Salares und die Südseite der Sierra nach Canillas de Aceituno.

Dann hoch auf gut 900 Meter in Richtung Ventas de Zaffaraya, wo es eine alte Eisenbahntrasse gibt. Die Schienen sind schon vor langer Zeit abgebaut worden, aber die Trasse ist noch als Schotterpiste vorhanden. Laut meinen Infos kann man die bis zur Puerta de Sol auf knapp über 1.000 Höhenmeter fahren.

Die Trasse ist recht gut zu finden, wenn man von Vinuela aus kommend die A-402 nach Zaffaraya hoch fährt. Direkt oben auf der Höhe, kurz vor dem Ortseingang fährt man unter der alten Eisenbahnbrücke durch und direkt links geht es dann auf die Piste.

Schon nach wenigen Metern kommt man an einen alten Tunnel, der damals noch von Hand in den Fels gehauen wurde. Er ist nicht sonderlich lang und man kann einfach hindurchfahren.

Dann geht es immer an der Südseite der Sierra entlang und in der Ferne glitzern die Costa del Sol und das Mittelmeer. Die Route führt dann vorbei an den typischen Olivenhainen und durch Wiesen und Felder.

Auf der Piste selbst ist nichts los. Und das, obwohl ich die Route am Wochenende gefahren bin. Spätestens an freien Tagen ist normalerweise jeder halbwegs mobile spanische Motorradfahrer unterwegs, scheinbar aber nicht offroad… Mir recht.

Zwischendurch zeugen Relikte wie diese Steinbrücke von der Nutzung in der Vergangenheit.

An dieser Stelle, dort wo der Baum steht, musst du abbiegen. Mangels Strassenschilder kann ich es aber nicht besser beschreiben.

Am Ende, nach etwa neun Kilometern kommt man dann wieder auf die Strasse hinter Periana, wo die Serpentinen zur Puerta del Sol hinaufführen.

Von dort oben hat man nochmal eine tolle Aussicht ins andalusische Hinterland und aus Erfahrung kann ich auch einfach die Weiterfahrt empfehlen.

Ich wollte diesmal aber noch weiter in die Berge und habe mir die nächste verfügbare Schotterpiste gewählt.

Naja, manchmal läufts einfach!

Der Tag war schon mal gut, was angesichts der ersten Jahreshälfte auch dringend nötig war.

Spätestens im kommenden Winter möchte ich die Rundreise Andalusien fertig haben und hier bereitstellen. Das wird dann eine Reiseempfehlung für ca. 10 Tage mit allen Highlights und Streckentipps. Auch dieser Teil soll dann dazugehören.

Da das Wetter in Deutschland nicht so richtig aus dem Quark kommen will, bin ich ganz froh, dass hier unten richtig Sommer ist. Das merkt man spätestens am Abend, wenn man um 22 Uhr immer noch gemütlich im Freien sitzen kann.

Eigentlich war geplant, meine GS im März auf eine spanische Zulassung zu wechseln. Aber ein paar unvorhergesehene Ereignisse haben dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das gilt es jetzt endlich nachzuholen.

Zunächst ist mal ein neuer Satz Reifen fällig gewesen und ich habe meine geliebten Conti TKC70 in Malaga bestellt. Diese Reifen sind hier nicht so gängig bzw. werden die in Spanien nicht so häufig gewünscht. Sechs Tage später waren sie dann vor Ort und konnten montiert werden.

Die Reifen mussten einfach sein, denn es stand der Termin bei der technischen Inspektion auf dem Programm, wie in Deutschland auch. Der spanische TÜV nennt sich ITV und ich habe dann (online!) einen Termin bei der nächsten Stelle gemacht. Die deutsche HU-Plakette neigt sich nun dem Ende zu und es macht keinen Sinn, für eine neue zwei Mal 2.500 Kilometer zurückzufahren.

Es ist nur konsequent wenn die GS in Spanien auch eine passende Zulassung erhält. Schritt Nummer Eins ist daher die Vorführung der Maschine bei der Inspektion der ITV. Das ebenfalls nötige COC-Fomular hatte ich mir beim Kauf vor zwei Jahren schon mitgeben lassen.

Die Begutachtung läuft dann sehr ähnlich ab wie die Prozedur in Deutschland. Die Spanier messen zusätzlich aber immer auch die Lautstärke der Maschine.

Wenn ich mir gerade die Diskussion über Motorradfahrverbote in Deutschland ansehe, könnte man schon ins Grübeln kommen. Wenn die Spanier die Lautstärke eines Motorrads beim TÜV messen können, wieso geht das nicht in Deutschland? Nein, da scheren wir lieber alle über einen Kamm, verordnen Sippenhaft und Fahrverbote für jedes Motorrad.

Nun denn, das Ergebnis war erwartungsgemäss in Ordnung und der Maschine wurde Mängelfreiheit bescheinigt. Der Prüfer war tiefenentspannt (wie nahezu alle Spanier…) und entliess mich nicht ohne ein paar freundliche Worte zur Maschine.

Jetzt gehen die Papiere (wiederum elektronisch!) zu den spanischen Behörden und in Kürze erhält sie dann die spanische Zulassung und ein neues Nummernschild. Leider kann ich das jetzt nicht in einem Rutsch erledigen, da ich die Reiseplanung nicht schon wieder umwerfen wollte.

Standortwechsel:

Während in Südwesteuropa ganz allmählich wieder eine gewisse Normalität einkehrt, höre ich vom Balkan eher beunruhigende Meldungen. Das ist insofern blöd, als mein Fährticket von Minoan Lines bereit liegt. Der Plan lautet, jetzt mit der Fähre von Venedig nach Igoumentisa zu fahren und dann quer über den Balkan retour.

Selten habe ich in den vergangenen Jahren so intensiv recherchieren müssen um herauszufinden, welches Land gerade durchquert werden kann ohne an der nächsten Grenze Theater zu riskieren. Auf meiner ToDo-Liste stand Nordmazedonien ganz oben. Das Land war noch ein weisser Fleck und ich war wirklich gespannt und neugierig. Ausserdem wollte ich so gerne nach Bosnien und mir Mostar und Sarajevo anschauen. Wie es scheint, muss das alles wieder mal warten, da die EU unter anderem diese Balkanstaaten auf die Risikoliste gesetzt hat.

(Meldung heute: Panik! Seuche! Katastrophe! Weltuntergang! 242 Neuinfektionen in Bosnien. Äh, 242 in ganz Bosnien?! Aha.)

Es gibt im Moment offenbar nur zwei Optionen: Auf EU-Territorium via Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich (was hinsichtlich Zeit und Strecke etwas mühsam erscheint). Alternativ über Albanien, Montenegro, Kroatien, Slowenien und Österreich. Aber ich gebe zu: Einhundert Prozent sicher bin ich mir dabei nicht.

Der Stand zum Zeitpunkt dieser Zeilen ist:

Von Griechenland nach Albanien ist es kein Problem. Die Albaner lassen mich aus Griechenland einreisen. Ich weiss aber nicht wie man in Montenegro reagiert, wenn ich als EU-Bürger an der Südgrenze Montenegros ankomme und den Transit durch Albanien gemacht habe. Der offiziellen Webseite Montenegros entnehme ich, dass die Einreise klappen müsste.

Nächster Übergang wäre dann Kroatien von Montenegro. Kroatien als EU-Land müsste sich an den EU-Vorgaben orientieren und gemäss diesen, ist Montenegro im Moment „safe“ bzw. eines der sicheren Drittländer.

Ich hege die Hoffnung, dass – wie so häufig – alles nicht so heiss gegessen wird. Und wenn ich jedes Mal in meinem Leben auf die Mahner gehört hätte, sässe ich jetzt mit Bierbauch auf der Couch und schaue Tatort oder irgendeinen Brennpunkt, oder so…

Nun ja, realistisch gibt es nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: Hinfahren und ausprobieren. Irgendwann werde ich schon wieder zurückkommen und wie auch immer sie dann aussehen mögen: Ich denke, es wird sogar im Jahr 2020 neue Reiseberichte geben.

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6 Kommentare

  1. Henry 10/07/2020

    Hallo ebee, bis auf deinen Seitenhieb anfangs gegen Vorsichtsmaßnahmen („muss auch mal Schluss sein“) ein sehr schöner Bericht, da ich im Sept./Okt.2020 dort in diese Gegend fahre. Werde mir die Region mal auf Google Earth genauer anschauen.
    Deine Kritik bzgl. der dt. Biker und dass nun ALLE an Sonn- und Feiertagen nicht mehr fahren sollen, ist berechtigt. Hier in D findet mal wieder eine vollkommen absurde Diskussion statt. Erst gibt das KBA laute Brülltüten, die einem wirklich den letzten Nerv kosten (sehr gerne von HD-Fahrern eingesetzt), mit 1150 GSA hat 82. Man hört sie kaum. Naja, in D hat man irrsinnige Vorhaben schon immer perfekt durchorganisisert!!

    Toller Bericht und danke für die wertvollen Infos,
    es grüßt Henry

  2. Michael 10/07/2020

    Hallo Elmar,
    immer wieder schön von dir zu lesen.
    Je öfter ich deine Beiträge über das südliche Spanien lese, desto größer ist mein Wunsch da mal hinzufahren. Die Landschaften sehen unglaublich schön aus.

    Hast alles richtig gemacht.

    Grüße!
    Michael

  3. ebee 10/07/2020 — Autor der Seiten

    Hallo Henry, ich bin selbst vorsichtig und nehme grundsätzliche Hygieneempfehlungen und Abstand halten ernst. Aber manche Dinge und Entscheidungen sind mir suspekt und das sage ich dann auch. Manchmal kommt es mir schon vor wie betreutes Leben und betreutes Denken…

    Bei der Motorrad-Fahrverbotsdiskussion bin ich gespannt wie das weitergeht. Die Krawallmacher gehen mir auch auf die Nerven und das braucht echt kein Mensch. Etwas Augenmass wäre gut, auf beiden Seiten.

  4. ebee 10/07/2020 — Autor der Seiten

    Hallo Michael, ich kann dir versprechen: Es ist alles echt, kein Photoshop 🙂

  5. Henry Gerwien 18/07/2020

    Ja, ebee, die Brülltütenfraktion muss ja nicht da leben, wo sie durchdonnern. Bekannter von mir hat seinen eh schon lauten ESD nochmal am Zwischenrohr manipuliert (abnehmbare Schelle, die der TÜV gar nicht schnall), und ist stolz auf 112dB. Auffallen um jeden Preis, auch wenn’s negativ ist. Er ist nicht der Einzige von der Fraktion, die eher einfach gestrickt ist, denen ist alles völlig egal. Es ist aus meiner Sicht eine gesellschaftliche Reaktion auf die gefühlte Machtlosigkeit von „denen da oben“, die in D inzw. vollkommen schamlos Geld einsacken und Macht ausüben… wieso soll ich da ein Biker, der seine Kohle zusammenkratzt, von Verordnungen, die einem hier bald den Hals zuschnüren, regulieren lassen. EU und bes. D sind inzw. grauenhafte Gesetzes-, Verordnungs- und Bestimmungs-Länder geworden, eine Wüste des spontanen „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein“.

    Deine Bilder regen mich weiter an, meine ESP-Herbsttour (ggf. mit Abstecher nach MAR?) zu planen, wobei ich nicht alles durchplanen will, um spontan für das eine oder andere Seitensträßchen/off-road-Pfad zu sein. Schönes WE wünscht dir
    Henry

  6. Henry Gerwien 18/07/2020

    soll heißen: Machtlosigkeit gegenüber „denen da oben“…

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