Kaukasus Tour 2019
Teil 3: Azerbaijan (ab 01/2020)
Teil 4: Russland & Ukraine (dieser Teil)
Nachdem uns die Georgier abgefertigt haben (schnell und unkompliziert wie immer) erreichen wir hier in den Höhen des Nordkaukasus den ersten russischen Posten. Der empfangende Grenzer ist noch ganz freundlich und prüft zunächst mal die üblichen Papiere und ob wir ein Visum besitzen. Wir hatten zur Sicherheit eines mit zweifacher Einreise beantragt und soweit ist auch alles ok. Er weist uns dann an den Hauptübergang mit mehreren Spuren und kleinen Abfertigungskabinen.
Dort sollen wir die Motorräder abstellen und die Einreiseformalitäten für unsere Fahrzeuge erledigen und genau da fangen die Probleme an:
Selbstverständlich spricht hier oben im Nordkaukasus niemand Englisch und Jörns Russisch ist praktisch nicht existent, meines ja sowieso. Wir benötigen Zollformulare für die Mopeds und schon der Erhalt dieser blöden Zettel, die sie hier oben nur auf Russisch vorhalten, ist eine Herausforderung. Als wir sie dann endlich bekommen, rätseln wir über die Angaben, die sie von uns haben wollen und ich bin spätestens beim Versuch, kyrillische Schrift zu lesen raus. Was tun, sprach Zeus?
Da ist aber eine Sache, die ich mittlerweile auf Reisen gelernt habe: Es geht immer irgendwie weiter! Nachdem wir schon eine ganze Zeit lang mit den russischen Formularen hantieren und über die Angaben rätseln, kommt ein Mann mit KTM-Mütze an uns vorbei und hört, wie wir uns verzweifelt auf Deutsch unterhalten. Er spricht sogar selbst Deutsch, spricht uns direkt an und sagt, er sei Slava, seines Zeichens Repräsentant von KTM in Georgien und kümmert sich zudem im Auftrag des ADAC um grenzüberschreitende Fahrzeugtransporte. Diese Grenze hier passiert er regelmässig und er erklärt uns zu unserem grossen Glück, was die Russen an den einzelnen Stellen auf dem Papier von uns wissen wollen. Dass wir hier mit Slava eine georgische Legende getroffenen haben, sozusagen den Sechser im Lotto, erfahre ich per Zufall erst Monate später, auf dem MRT in Gieboldehausen, so klein ist die Motorrad-Reisewelt.
Blöd ist, dass jedes Papier doppelt ausgefüllt werden muss, Jörn hat aber nur zwei geholt. Eigentlich logisch, denn wir sind ja auch zwei Personen mit zwei Motorrädern, aber wir brauchen nun leider vier Exemplare… Er muss also nochmal in das Hauptgebäude und Nachschub ordern. Zwischenzeitlich ist die erste Stunde vergangen, aber ohne Slava wären es schon mindestens zwei gewesen.
Als wir dann den ganzen Zettelkram ausgefüllt haben, beginnt der schwierigste Teil: An der ganzen Grenzanlage ist nur eine kleine Abfertigungskabine für die Registrierung einreisender Fahrzeuge zuständig, also für alle (wirklich alle!) LKW, PKW und Motorräder. Das ist so eine kleine Aluminiumbox mit verspiegelten Fenstern, etwa vier mal einskommafünf Meter. An einer Stelle ist eine kleine Öffnung mit einem Schiebefenster, circa 30 mal 40 Zentimeter, etwa in Hüfthöhe. Davor steht ein ungeordneter Pulk von circa 30 Männern, von denen jeder seine Zettel bearbeitet haben möchte. Und in der Kabine sitzt ein einzelner Transformierter, ist Herr über Stempel und Klammer und benötigt geschlagene fünfzehn Minuten, pro Formular!
Das ist aber noch nicht alles, denn es gibt keine geregelte Reihenfolge. Vor das Fenster in Hüfthöhe (Du musst die ganze Zeit gebückt davor stehen, sonst kommst du niemals an die Reihe!) musst du erst mal kommen, ohne dass dich ein schwitzender, armenischer Lastwagenfahrer, dessen Oberarm du in der ganzen letzten Stunde schon an der Wange hattest, mit Gewalt zur Seite boxt. Würdest du zwischendurch aufgeben oder zur Toilette wollen, müsstest du danach am Rand der Menschentraube wieder von vorne beginnen. Es ist der blanke Horror und ich kann mir keine schlimmere Folter ausdenken, ohne dass auch noch Blutvergiessen ins Spiel kommt! Da Jörn immer wieder rauchen geht, obliegt mir die ehrenvolle Aufgabe den Nahkampf gegen die Brummifahrer zu führen. Begeistert bin ich nicht, denn mir steckt immer noch die letzte schlaflose Nacht in Tiflis in den Knochen. Aber ich kann auch nicht anders, wenn ich heute noch wieder von dieser Bergstation weg will…
Alleine für diese blöden Stempel auf den Fahrzeugpapieren, vor dieser kleinen Aluminiumbude, benötige ich zweieinhalb Stunden im gebückten Ringkampf gegen die Lkw-Fahrer und es ist der Moment, wo mein gesamter Hass auf Grenzbeamte wieder präsent ist. Inmitten der Traube beginne ich zu fantasieren:
Ich greife mir einen Vierkant-Holzbalken, verkeile diesen vor der kleinen Alutür und blockiere damit den einzigen Fluchtweg aus der Kabine. Dann führe ich einen Gartenschlauch durch den Fensterspalt und flute die Kabine mit einem Gemisch aus Tränengas und armenischem Kamaz-Dieselruss, während ich mich an dem Wimmern und Schreien des Transformierten darin ergötze. Kurz bevor er kollabiert, öffne ich die Tür und er flüchtet ins Freie, während ich ihm ein Bein stelle, damit zu Fall bringe, dann mit einem Abschleppseil an meine Gepäckbrücke seile und bis nach Wladiwostok hinter meiner GS herschleife. Ach wär das schön…
Komme ich jetzt in die Hölle?
Nur für die Einreise nach Russland brauchen wir geschlagene vier Stunden. Naja, und wie sagt man so schön: Der erste Eindruck zählt!
Unsere heutige Übernachtung planen wir in der Stadt Wladikawkas und bis dahin ist es jetzt glücklicherweise nur noch eine knappe Stunde Fahrtzeit. Ich bin gesundheitlich immer noch nicht wieder richtig auf dem Damm und froh, als ich um 20 Uhr dann endlich ins Bett fallen kann. Körperlich bin ich echt am Ende und das schlägt dann auch irgendwann aufs Gemüt.
An das Zimmer kann ich mich nicht mal mehr richtig erinnern, ich weiss nur, dass es den Charme einer siebziger Jahre Jugendherberge mit alten, abgegriffenen Holzpaneelen hatte. Ansonsten war das Hotel aber in Ordnung, es gab ein Restaurant im Erdgeschoss und wir konnten die Motorräder im abgeschlossenen Innenhof abstellen.
Ich bitte dann Jörn um Nachsicht, versuche meinen fehlenden Schlaf aus Tiflis nachzuholen und die Anstrengung mehrstündiger gebückter Haltung vom Grenzübergang auszugleichen. Mein Zimmer hätte heute auch eine KGB-Zelle sein dürfen: Hauptsache schlafen!
Unser nächstes Ziel ist Wolgograd und von Wladikawkas sind es knapp 800 Kilometer auf russischen Strassen bis dorthin. Wie die Beschaffenheit ist, wissen wir natürlich nicht und Jörn warnt schon eindringlich vor weiteren üblen Schlaglochpisten. Wir haben zwei Möglichkeiten: Direkt in Richtung Norden, über Landstrassen deren Zustand auch wirklich schlecht sein kann, oder über die vermeintlich sichere Variante, die Autobahn, vorbei an Stawropol mit einem erheblichen Umweg.
Wir entscheiden uns für die Adventure-Version und die russischen Landstrassen (was wir noch ausdrücklich bereuen werden!) Ich habe zwar die Karten auf dem Tisch und die Routenplanung für den kommenden Tag im Blick, nicht jedoch die Region in der wir uns dann befinden werden. Im Moment ist Plan A ein sehr, sehr langer Fahrtag bis Wolgograd, Plan B eine Zwischenübernachtung in Elista, je nachdem wie wir vorankommen. Die Gegend hier kennen wir natürlich nicht.
Tschetschenien beispielsweise, ist mir ein Begriff, also die Region, die für 15 Jahre durch heftige Kriege auch bei uns in den Medien war. Ich kann mich auch immer noch an die schlimmen Bilder aus Grosny, der Hauptstadt Tschetscheniens erinnern. Inguschetien habe ich ebenso im Hinterkopf, wenn auch nicht ganz so prägnant wie Tschetschenien.
Die Route, die wir an diesem Morgen auswählen, schaue ich mir auf der Karte gar nicht so genau an, sonst hätte ich es wahrscheinlich bemerkt…
Wir packen also wieder unsere Maschinen im Innenhof des Hotels und brausen ab in Richtung Norden. Solange wir im Einflussbereich der Stadt sind, ist auch noch alles in Ordnung, aber dann lassen wir die Stadtgrenze hinter uns und es wird zunächst ländlicher.
Erst beginnen die üblichen Randgebiete mit Industriezonen, dann die Felder.
Nach etwa zwanzig Kilometern kommen wir an die Kreuzung zweier Landstrassen. Rechts und links sehe ich feste Flachdachgebäude aus Steinen und Beton, eingezäunt und mit Stacheldrahtrollen versehen. Vor den Gebäuden patroullieren Soldaten mit automatischen Waffen und Hunden.
Wir werden sogleich angehalten und aufgefordert, die Motoren auszuschalten und die Motorräder abzustellen. Dann sollen wir uns im Gebäude melden, was wir natürlich brav machen. In dem Gebäude stehen Personenschleusen mit Metalldetektoren und wir müssen uns bei einem Soldaten hinter Panzerglas ausweisen. Er prüft unsere Reisedokumente, Fahrzeugpapiere, Visa und fragt uns dann nach unserer Reiseroute. Die ganze Prozedur findet natürlich auf Russisch statt und dauert, weil wir nicht alles verstehen und unsere Erklärungen auch nicht verstanden werden. Als wir das erledigt haben und offenbar für harmlos gehalten werden, dürfen wir weiterfahren.
Ich wundere mich nur etwas über die martialische Aufmachung der Soldaten und die befestigten Anlagen, aber wir sitzen wieder auf den Motorrädern und fahren weiter. Jedoch nur, bis wir an der nächsten Ortschaft in die nächste Kontrolle reinrasseln: Wieder Flachdachgebäude und Stacheldraht, wieder Soldaten, wieder Kontrolle der Papiere.
Das ganze Spiel passiert dann nochmal. Und nochmal. Und nochmal, alle paar Kilometer. Wenn wir heute so weitermachen, kommen wir nicht mal bis Elista, denke ich. Diese blöden Kontrollen benötigen viel zu viel Zeit und ich verstehe deren Sinn nicht. Es kommt dann wie es kommen muss und wir überqueren die Grenze in eine russische Teilrepublik ohne es richtig zu merken. Bingo: Willkommen in Inguschetien!
Ähnlich wie Tschetschenien ist Inguschetien durch den Islam geprägt. Der Anteil der russischen Bevölkerung ist mit den Jahren immer geringer geworden und die russische Regierung versucht mit allen Mitteln, inklusive der Militärischen, die Region unter Kontrolle zu bekommen.
Zunächst fahren wir weiter in Richtung Norden und haben jetzt schon eine Viertelstunde ohne Kontrolle geschafft, als mir in einer hügeligen Gegend mein Reisepartner abhanden kommt. Ich kann Jörn nicht mehr im Rückspiegel sehen und fahre zurück, um nachzuschauen. Ich finde ihn wenige Meter weiter am Strassenrand. Er kratzt sich am Kopf und raucht eine Zigarette, was mir unzweifelhaft zeigt, dass er vor einem technischen Problem steht. Seine Kette hat sich mal wieder verabschiedet.
Na toll. Wenn wir heute nicht durch Kontrollen aufgehalten werden, hindert uns das Material an der Weiterfahrt. Während ich mir abermals darüber Gedanken mache, ob die Bestellung meiner Tenere mit Kettenantrieb eine so gute Wahl war, schraube ich wieder an der Hinterachse der 800er. Gleichzeitig verzichte ich auf weitere Erinnerungen, das man sich ab und zu um Service, Wartung und Pflege der Technik kümmern sollte. Es nützt nichts.
Die Kette ist abermals fixiert, sitzt wieder auf dem Zahnrad der Hinterachse und wir fahren über die Hügel. Während wir vor uns die gigantische Weite der russischen Ebene sehen können (verflucht ist dieses Land gross!), fahren wir – wie hätte es auch anders sein können – in die nächste Militärkontrolle.
Es ist zum heulen. Diesmal ist nur die Infrastruktur weniger professionell, dafür liegen auf dem Dach des Postens jede Menge Sandsäcke aus denen die Mündung eines Maschinengewehrs schaut.
Einer der Soldaten stoppt unsere Fahrt und macht uns auf russisch klar, das wir hier nicht weiterfahren dürfen. Wir wollen das natürlich nicht wahrhaben und fangen an zu diskutieren, da der Kerl zumindest etwas freundlicher daherkommt, als die Männer an den Posten zuvor. Andererseits haben er uns seine Kollegen aber wohl keine Lust auf Diskussionen und er winkt uns irgendwann mit einer Geste durch, die ich als „Ach, macht doch was ihr wollt…“ deute.
Gott sei dank denke ich, denn jetzt die ganze Strecke, mit den vielen Posten, wieder zurückzufahren, wäre echt blöd. Gleichzeitig beschleicht mich ein mulmiges Gefühl. Wieso hat dieser Posten nur so ein Theater veranstaltet?
Es geht dann die Hügel hinab und hinein in die Ebene. Mittlerweile ist es Mittag und wir haben durch kaputten Strassen, Kontrollen und Kettenreparatur sage und schreibe 90 Kilometer geschafft.
Noch während ich über unser entschwindendes Tagesziel nachdenke, sehe ich mitten im Nichts der Felder am Horizont den nächsten Militärposten.
Diesmal sind es mehr Soldaten und alle tragen die Kalaschnikow im Anschlag, einsatzbereit am Mann. Ich kann nicht behaupten, dass mich das beruhigt. Die Jungs machen zudem einen ernsteren Eindruck als die Typen beim letzten Stopp und wir sollen unsere Motorräder wieder abstellen. Diesmal bleiben aber zwei von den Soldaten direkt bei uns und den Motorrädern und es wird ein Weiterer dazu geholt, offenbar der Chef dieses Postens. Er beginnt wortlos und mit ernster Miene mit der Papierkontrolle und wir müssen dann wieder unsere Alukoffer öffnen, damit unser Gepäck inspiziert werden kann.
Dann bekommen wir zu verstehen, dass hier endgültig Feierabend ist und wir auf keinen Fall weiterfahren werden. In Richtung Norden ist hier Schluss für uns, und wir erhalten diese Ansage in aller Deutlichkeit! Jörn wartet bei den Motorrädern während ich von dem Offizier in das Gebäude befohlen werde und denke, es ist der Zeitpunkt die Klappe zu halten und den Anweisungen zu folgen. Die Soldaten machen definitiv nicht den Eindruck, sie würden mit uns diskutieren wollen.
Ok, meine ich, dann drehen wir eben um und fahren doch wieder alles zurück. Aber jetzt habe ich die Rechnung ohne das russische Militär gemacht. Der Offizier erklärt mir, dass es in Richtung Süden, also dort wo wir herkommen, ebenfalls für uns verboten ist. Was soll das denn jetzt? Es gibt keinen anderen Weg, es geht nur nach Norden oder Süden, denn die Strasse verläuft nun mal nicht anders. Hier ist sonst nichts, keine weitere Strasse, kein Abzweig, kein Feldweg. So langsam schwant mir, dass der vorletzte Posten uns eher helfen wollte und wir (ich?!) dort wohl besser weniger dickköpfig gewesen wären.
Es beginnt eine mühselige Prozedur mit strengen Erläuterungen, Ermahnungen und Strafandrohungen. Ich gebe nur noch klein bei und versuche mich dafür zu entschuldigen, das wir naive Deutsche hier rein geraten sind. Nie war es unsere Absicht, als Separatisten, Terroristen, Islamisten, Dschihadisten, Christen oder Touristen hier für Ärger zu sorgen.
Die Zeit vergeht und ich erhalte zwei Optionen: Wir werden jetzt hier eingebuchtet oder zahlen jeder zweitausend Rubel Strafe für das illegale Eindringen in ein militärisches Sperrgebiet. Einige Kilometer vor uns liegt die Stadt Mosdok mit wichtigen Stützpunkten der russischen Streitkräfte um die instabile Region unter Kontrolle zu halten, das stand nun wirklich nicht auf meiner Karte…
Ich schaffe es, nach einer ermüdenden Verhandlung mit dem Chef des Postens in dem stickigen Gebäude, unser Strafmass noch auf 1000 Rubel für beide (etwa 14 Euro) herunterzuhandeln. Danach mache ich mich mit einem der Soldaten zurück an meine Maschine um auf der Karte im Tankrucksack unsere Ausweichstrecke genehmigen zu lassen. In diesem Moment bin ich heilfroh über die klassische Papierkarte, die ich mir vorher in Deutschland bestellt habe.
Merke: Fahre nie, niemals nach Inguschetien!
Wir verlassen dann diesen ungemütlichen Ort, mitten im Nirgendwo der russischen Ebene und auf dem Rückweg kommen wir natürlich wieder am vorletzten Posten an und haben das nächste Problem: Die Soldaten sind gar nicht dumm und wollen wissen, wieviel Strafe wir denn gezahlt haben. In ihren Augen blinken bereits die Dollarzeichen. Jörn steht mit seinem Motorrad diesmal vor mir und haut direkt „1000“ raus, woraufhin der Soldat von vorhin ungläubig „Dollar???“ fragt. Ich fasse es nicht und versuche nur noch, hier möglichst schnell wegzukommen, bevor die russischen Truppen in Inguschetien ihr Jahreseinkommen mittels zweier deutscher Motorradfahrer vervielfachen.
Als die Situation einigermassen gerettet ist und wir endlich weiterfahren dürfen, muss ich nur bei dem Gedanken schmunzeln, wie der letzte Posten dem Vorletzten jetzt klar machen will, dass es Rubel waren und nicht US-Dollar. Aber über die Aufteilung der vermeintlich fetten Beute dürfen sie gerne ohne uns streiten.
Wir haben nur noch eine Aufgabe für den Rest des Tages: Irgendwie heil raus aus Inguschetien. Über Malgobek und Terek erreichen wir die Autobahn um heute wenigstens noch etwas Kilometer zu machen. Selbstverständlich nicht ohne weitere Militärkontrollen und Posten. Immerhin passieren wir diese dann ohne zusätzliche Strafzahlungen.
Meine neue Strategie liegt darin, jetzt nicht mehr auf eine Aktion der Posten zu warten, sondern stattdessen sofort beim Stopp nach dem Weg zu fragen (das ich den Weg kenne und mein Navi ihn anzeigt, spielt keine Rolle). Rein psychologisch helfen die meisten Menschen nämlich gerne. Aber wenn du gerade jemandem geholfen hast und deine Stärke und Überlegenheit geklärt ist, haust du deinen Gegenüber nicht direkt danach in die Pfanne. Das klappt hervorragend und ich bin dann auch stolz auf den Trick.
Am Abend erreichen wir die 400.000-Einwohner Stadt Stawropol und ich habe ein ordentliches Hotel mit Restaurant, Frühstück und Parkplatz für unsere Motorräder gefunden. Jörn ist unzufrieden, weil das Haus nicht direkt im Zentrum ist (Ich finde es ist immer noch sehr zentral…) aber immerhin finde ich das Gebäude im Dickicht kyrillischer Strassenschilder und die Motorräder stehen sicher im Innenhof.
Die beiden Damen am Empfang sind sehr freundlich und sprechen auch etwas Englisch, wobei sich eine der beiden besonders bemüht. Jörn kommt später nochmal mit ihr zu meinem Zimmer um die Fernbedienung des Fernsehers zu erklären, was ich nicht so richtig verstehe. Ich will das überhaupt nicht, ich brauche kein TV. Warum nur, sollte ich in Russland Fernsehen schauen, das mache ich nicht mal zuhause. Ich bin jetzt froh, wenn ich meine Ruhe habe und keinen Militärposten bequatschen muss. Ich versuche ihr das zu erklären, bedanke mich für ihr unnötiges, aber sehr nettes Hilfsangebot und kann gleichzeitig nicht verleugnen, dass bereits nach wenigen Blickwechseln eine gewisse Sympathie in der Luft liegt.
Der Abend im Restaurant des Hotels fügt sich aber wieder nahtlos in den Tagesablauf ein: Ich bestelle einen Salat und wundere mich beim Essen darüber, dass sich die Käsestreusel darauf bewegen. Weitere Erläuterungen spare ich mir… Jörn und ich müssen uns eher mit dem Tag morgen beschäftigen, zumal unsere Routenplanung heute völlig durcheinander gewürfelt wurde.
Dabei erklärt Jörn mir dann, es wird wohl so sein, dass wir Charkow nicht schaffen werden. Ich glaube, ich traue meinen Ohren nicht! Er meint allen Ernstes, wir müssten auf den Friedhof mit dem Grab meines Grossvaters in Charkow verzichten, da unsere restliche Reisezeit nicht mehr ausreicht. Ich frage zunächst mal freundlich nach Wolgograd und ob man nicht eine der beiden Übernachtungen dort sparen könnte, zumal dort ein freier Puffertag eingeplant ist. Aber er will erst gar keine Diskussion dazu aufkommen lassen. Wolgograd ist gesetzt, daran gibt es nichts zu rütteln und ich erhalte die Aussage im Befehlston. Ich versuche nochmal die Erklärung, dass es mir nur um eine weitere Übernachtung in Wolgograd geht, keinesfalls um die Streichung der Stadt an sich, zudem liegt Charkow sowieso auf der Route unserer Rückreise und ist kein Umweg.
Aber sachliche Argumente laufen ins Leere und die Diskussion läuft dann auch schon aus dem Ruder. Bevor das jetzt in einem Streit endet, für den ich nach diesem langen, anstrengenden Tag nicht mehr die nötige Konzentration aufbringen kann, schlage ich vor, dass wir es für heute gut sein lassen und erstmal schlafen. Ich habe keine Lust auf Stress und mir fehlt dazu jetzt wirklich die Energie.
Als ich mich ins Bett lege, denke ich dann lange darüber nach, was ich tun soll. Wir sind jetzt seit drei Wochen zusammen unterwegs, trotzdem wir uns zu Beginn der Reise nie gesehen haben und sind – das ist meine ehrliche Meinung – ziemlich weit gekommen. Gleichzeitig habe ich aber den Eindruck, immer wieder einseitige Kompromisse machen zu müssen und auch die Liste der Punkte, die mich stören, wird immer länger. Wardsia in Georgien haben wir ausgelassen und auch Omalo mit dem Abano-Pass. Gott, wäre ich gerne dort hochgefahren… Die vielen Wünsche bei der Hotelsuche empfinde ich als anstrengend, aber ich kann die Aufgabe auch nicht abgeben, denn er hat keinen Internetzugang.
Ich fürchte daher, eher früher als später knallt es. Gleichzeitig hatte mir Jörn aber erzählt, dass er schon so viele Touren alleine gemacht hat. Naja, und dass ich alleine klar komme, weiss ich sowieso. In diesem Moment kommt mir die Zeile eines meiner Lieblingssongs in den Sinn:
„Yes, there are two paths you can go by, but in the long run, there’s still time to change the road you’re on“.
Na wenn das keine Eingebung ist?! Ich überlege daher, es wäre wohl besser wenn ich meinen Weg ändere, ab jetzt jeder von uns seine Wunschroute fährt und sein persönliches Restprogramm in Ruhe durchziehen kann. Es erscheint mir als die fairste Lösung. Keiner muss auf etwas verzichten und jeder kann seinem eigenen Weg folgen. Damit kann ich zunächst beruhigt einschlafen.
Am nächsten Morgen erzähle ich Jörn am Frühstückstisch von meiner Idee, mit der er allerdings gar nicht glücklich ist. Ich glaube weiterhin, es ist die beste Lösung für uns beide. Er kann in Ruhe nach Wolgograd fahren und dort auch noch einen Tag Auszeit nehmen, während ich zum Grab nach Charkow fahre und dann vielleicht sogar noch Zeit für Kiew und Chernobyl hätte.
Das ist jetzt nicht die Idealsituation, ich glaube aber trotzdem, dass es so am besten ist. Vielleicht liegt es auch an mir, vielleicht müsste ich mehr Kompromissbereitschaft zeigen und mich noch mehr einbringen? Aber wenn jeder von uns auch unabhängig und selbständig unterwegs sein kann? Natürlich ist mir nicht wirklich wohl bei dem Gedanken daran, den Rest von Russland ganz alleine zu bereisen, zumal auch noch weitere Unsicherheiten auf meinem Weg liegen. Von Jörns Schauergeschichten aus der Ukraine mal ganz zu schweigen und bezüglich dieses Punktes hat er mehr Erfahrung als ich.
Ich packe dann meine Sachen und mache mich auf zum Bezahlen des Zimmers an die Rezeption. Meinen Check-out erledigt das nette Mädel vom Vorabend und sie begleitet die Prozedur mit (völlig unnötigen) Entschuldigungen für ihr schlechtes Englisch. Ich erkläre ihr, dass ich ganz bestimmt viele Menschen mit mehr Fremdsprachendefiziten getroffen habe und zum Beweis reden wir so lange, bis mir die Sache etwas zu delikat wird und ich mich besser verabschiede. Sie ist wirklich sympathisch und legt einen Blick auf, der ohne Zweifel kaukasische Gletscher schmelzen könnte.
Unten im Hof bepacken wir dann wieder unsere Motorräder, bevor wir uns an diesem russischen Morgen in unterschiedliche Richtungen aufmachen. Jörn wird wohl von Stawropol nach Elista und dann weiter nach Wolgograd fahren, während ich über Rostow am Don in die Ukraine und nach Charkow will.
Ich bin immer noch der Überzeugung, dass es für uns beide so am besten ist, zumal wir auf diese Weise gepflegt auseinander gehen. Jörn will zum Abschied dann noch meine gesamten Fotos haben, aber da ich keine Lust habe, auf einem morgendlichen Hotelparkplatz SD-Karten zu kopieren, schlage ich vor, die Fotos später per Post zu schicken. (Habe ich dann auch brav gemacht!)
@Jörn: Danke an dieser Stelle für die gemeinsame Zeit. Es war gut, bis hierher nicht alleine fahren zu müssen. Wir hatten auch eine Menge Spass und haben definitiv viel zusammen erlebt!
Ich halte noch an einem Bankautomaten um mich mit frischen Rubel zu versorgen und verlasse dann Stawropol um auf die Autobahn nach Rostow zu fahren. Die Wettervorhersage für heute ist übrigens ernüchternd: Es soll regnen!
Ich fahre zunächst von Stawropol ein kleines Stückchen in Richtung Süden, um am Autobahndreieck auf die Strecke in Richtung Rostow zu gelangen. Bis dahin beginnt der heutige Fahrtag auch noch ganz anständig. Ich kann aber auch nicht verleugnen, dass ich mich jetzt frei fühle.
Noch bevor ich das Autobahndreieck erreiche, öffnet der Himmel seine Schleusen: Es beginnt heftig zu regnen, was die Fahrt auf einer russischen Schnellstrasse ganz sicher nicht angenehmer macht. Zwischendurch denke ich tatsächlich, das ist jetzt die Strafe dafür, dass ich meinen Reisepartner alleine gelassen habe.
Diesen Tag kann ich dann komplett abhaken: Eine Baustelle reiht sich an die andere und es geht nicht so voran, wie ich es mir vorstelle. Zu allem Übel wird der Regen eher schlimmer als besser und je länger der Tag dauert, umso mehr Wasser kommt vom Himmel. Ich stoppe nur zum tanken, trinken und toben angesichts der russischen Fahrweise.
Noch nie in meinem bisherigen Leben habe ich auf Strassen so ein rücksichtsloses Volk erlebt, wie hier im Südwesten Russlands, unweit der ukrainischen Grenze. Es herrscht dichter Urlaubsverkehr und viele Russen sind auf der Rückreise vom schwarzen Meer in Richtung Moskau. Dabei steht jedoch der Egoismus und das eigene Fortkommen im Vordergrund und jeder andere Verkehrsteilnehmer ist ein potenzielles Hindernis, jeder Fahrer immerzu bereit, den Nächsten jeweils als Gegner anzusehen und notfalls mit Gewalt aus dem Weg zu räumen. Ein deutsches Motorrad erscheint im Rahmen dieses Auftrags nur als leichte Beute und Kollateralschaden.
Ich bin über jeden unfallfreien Kilometer froh, als ich an ein Stauende komme. Einigen Schildern davor haben ich entnommen, dass bald eine Baustelle mit 15 Kilometern Länge folgt und Google Maps zeigt mir davor 10 Kilometer Stau an. Die Strasse verengt sich zunächst und wird dann zu einer Schotter- und Schlammpiste. Es geht immer für Minuten lang gar nichts und dann wieder fünfzig Meter nur im Schritttempo. Nach etwa einer halben Stunde stehend im Dreck verlieren die ersten Russen die Geduld und machen eine dritte Spur auf, wo keine dritte Spur ist: Sie fahren auf einem imaginären, abschüssigen Seitenstreifen, der aufgrund des triefend nassen Untergrunds überhaupt keine Spur zulässt, schon gar nicht für Lastwagen. Es kommt wie es kommen muss und ich kann nur noch versuchen, mit der GS die havarierten, umgekippten und verunfallten Fahrzeuge zu umfahren. Was für ein Chaos, streckenweise sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld!
Nach zweieinhalb Stunden bin ich hier baustellentechnisch durch, aber es wird nicht besser. Der Dauerregen wird noch schlimmer und hat mir die Kälte mittlerweile in jede Ecke meines Körpers getrieben. Meine Kombi ist komplett durchnässt und trotz Pinlock-Visier kann ich durch den Helm nur noch schemenhaft die Umrisse der Autobahn erkennen. Während ich irgendwie versuche, heute noch ein paar Kilometer zu machen, wollen die übrigen Fahrer scheinbar die an der Baustelle verlorene Zeit aufholen. Sie fahren wie die Irren und drängeln alles beiseite, was nicht sofort aus der Gischt verschwindet.
Einmal überhole ich einen LKW, während direkt hinter mir ein weiterer von ihnen drängelt. Er fährt so dicht auf mich auf, dass ich ihm seinen Gasfuss am liebsten in Jörns Kette schreddern würde. Als ich wieder auf der rechten Spur bin, zieht er links an mir vorbei und ich traue meinen Augen nicht: Es ist ein Schwertransporter, der unter unfassbarem Lärm links an mir vorbeizieht. Ich fahre währenddessen übrigens 120…
Kurz hinter Kamensk-Schachtinski kann ich nicht mehr und halte an, um zu tanken, kann jedoch wegen der vielen Autos in der Schlange nicht direkt an die Säule fahren und muss zu allem Übel vor dem Tankstellendach im Sturzregen warten. Als die Säule vor mir endlich frei wird und ich gerade vorfahren will, zieht der Russe hinter mir in einem schwarzen Mercedes vorbei, schneidet mich knapp vor dem Vorderrad und drängelt sich in seinem warmen, trockenen SUV einfach vor. Ich bin fassungslos angesichts so viel Arroganz, Brutalität und Rücksichtslosigkeit.
Meine Finger sind taub vor Kälte, ich friere am ganzen Körper, das Wasser steht mir im Schritt und ich versuche nur noch, mittels Booking eine passende Übernachtung zu finden. Es wird dann am späten Nachmittag eine kleine Pension in einem Holzgebäude am trostlosen Stadtrand von Millerowo. Als ich dort ankomme, kümmert sich die Wirtin, eine ältere Dame, wirklich liebevoll um mich.
Ich muss zu diesem Zeitpunkt einen jämmerlichen Eindruck abgegeben haben. Sie ist aber überaus freundlich und schickt mich erst mal aufs Zimmer, wo ich eine ausgedehnte heisse Dusche nehme, um meinen Körper wieder auf Betriebstemperatur zu bekommen. Danach nutze ich alle vorhandenen Haken und Ablagen zum Trocknen meiner pitschnassen Sachen.
Von den Russen habe ich zu diesem Zeitpunkt wirklich die Nase voll. Egal ob die Sadisten an der Grenze, die Soldaten an den Militärposten oder die vollkommen rücksichtslosen Kamikazefahrer auf der Autobahn: Wenn die ihre Frauen nicht hätten, die Russen könnten einem sogar Leid tun!
Ich weiss, dass es auch viele Reisende mit anderen, besseren Erfahrungen gibt, aber ich hatte wohl wieder einfach Pech. Vielleicht war ich nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort oder in der falschen Region?!
Am Abend will ich jedenfalls nur noch raus aus Russland und möglichst schnell in die Ukraine, wobei ich hierbei den Geschichten zu Folge vom buchstäblichen Regen in die Traufe kommen werde. Um meine ganzen Schwierigkeiten zu komplettieren, ist die Gegend hier nicht unbedingt für einen geregelten Grenzübertritt geeignet: Ich befinde mich direkt östlich von Luhansk und hier tobt seit Jahren der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine.
Laut meiner Karte soll es etwas nördlich, bei Milowe einen Grenzübergang geben. Ich frage vorsichtig bei der freundlichen Zimmerwirtin nach, ob die Ausreise dort für mich möglich ist, indem ich versuche, ihr auf der Karte meine Reiseroute zu zeigen. Sie meint dann, das würde wohl gehen, aber ich entnehme der Art ihrer Antwort, dass sie sich nicht sicher ist. Während sie einerseits nickt schaut sie, als ob ich ihr eine Waffe vor die Augen halte.
Am nächsten Tag will ich es versuchen und darf mein Motorrad voller Freude im Trockenen packen. Ich fahre zunächst wieder ein Stück auf die Autobahn in Richtung Norden und dann nach Westen in Richtung Milowe. Dort passiere ich auf der Landstrasse die ersten Militärkolonnen und meine Zuversicht schwindet. Dann, kurz vor Milowe, stehen an einer grossen Antennenanlage schliesslich die Panzer. Ok, das reicht mir schon! Nach den Erfahrungen aus Inguschetien muss ich mich nicht auch noch in den Ukrainekonflikt begeben. Ausserdem habe ich meiner Frau vor Beginn der Tour versprochen, mich niemals wissentlich in Gefahr zu begeben. Und den Krieg in der Ostukraine bezeichne ich jetzt mal als reale Gefahr, ich kehre um!
Am Vorabend hatte ich mir zur Sicherheit einen „Plan-B“ zurechtgelegt: Wenn ich in Milowe nicht über die Grenze komme, will ich alternativ über Boguchar, Rossosh und Alekseevka nach Belgorod. Das dauert zwar einen Tag länger, verspricht dafür aber eine Reise ohne Gefahr für Leib und Leben.
Und so mache ich es dann auch. Als ich die mörderische Autobahn M4 endlich verlassen kann, beginnt wieder das, was ich als Motorradreise bezeichne: Ich fahre in Ruhe und deutlich entspannter durch die verkehrsarme Pampa südlich von Woronesch.
Zwischenzeitlich habe ich es sogar geschafft, die kyrillische Schrift zu lesen. Gestern auf der langen Autobahnfahrt konnte ich mich immerhin damit beschäftigen. An der Autobahn sind ein paar Schilder in kyrillischer und lateinischer Schrift vorhanden und damit kann man prima üben. Ich trainiere die einzelnen Buchstaben und deren Aussprache und versuche mir das zu merken, was auch ganz ordentlich klappt. Als ich die kyrillischen Ortsnamen lesen und erkennen kann, ist das ein schönes Erfolgserlebnis. Jetzt, im Hinterland hilft das enorm. Nicht nur bei den Strassenschildern, sondern auch beim Auffinden von Cafes, Restaurants, Supermärkten und Übernachtungsmöglichkeiten.
Eigentlich hätte ich das schon vor der Reise machen sollen, aber irgendwann muss man ja auch mal arbeiten…
Am Nachmittag erreiche ich den Stadtrand von Belgorod, einer Universitätsstadt mit 350.000 Einwohnern. Schon kurz vor der Stadtgrenze verdunkelt sich der Himmel und eine pechschwarze Gewitterfront zieht mir entgegen.
Irgendwie war mir klar, dass ich es nicht rechtzeitig vor dem Regen ins Hotel schaffe. Unter dem Dach einer Tankstelle finde ich zunächst Schutz, bevor ich abermals absaufe. Dabei waren meine Sachen gerade erst wieder richtig trocken gefahren.
Zum Ausgleich habe ich mir jetzt eine richtig gescheite Herberge ausgesucht: Das Hotel Royal entspricht meinen heutigen Anforderungen an Komfort. Und da ich jetzt solo unterwegs bin, muss ich nur mit meinen eigenen Hotelkriterien klar kommen, das bekomme ich hin!
Ich ignoriere einfach den hohen Preis an der Rezeption, ziehe in ein ausgesprochen feudales Zimmer und freue mich vor allem über ein riesiges Bad, um mal wieder die dringend notwendige Wäsche zu erledigen. Am Abend speise ich im hauseigenen Restaurant und mache mich dann früh aufs Zimmer um in einem riesigen und urgemütlichen Bett noch die Planung für den nächsten Tag zu erledigen.
Morgen geht es nämlich an die nur etwa 40 Kilometer entfernte Grenze zur Ukraine um dann, nach nur 30 weiteren Kilometern, Charkow zu erreichen.
Zunächst sortiere ich wieder alle Papiere und vor allem den kleinen Ausreisezettel für mein Motorrad. Ohne diesen Zettel, den ich nach mühevollem Kampf bei der Einreise an der Grenze in den Bergen im Kaukasus erhalten habe, würde es jetzt wohl erhebliche Schwierigkeiten geben. Diese Grenze wird sowieso wieder eine persönliche Herausforderung, denn immer wieder fallen mir die vielen Gruselgeschichten über die besonders korrupten und „bedürftigen“ ukrainischen Beamten ein. Ich verstecke schon vorsorglich meine Bargeldreserven, um im Falle eines Falles nur besonders kleine Scheine zeigen zu können.
Für solche Fälle habe ich auch immer eine zweite Dummy-Brieftasche dabei. Darin sind ein paar alte Dokumente und Bankkarten, dazu kleine Scheine, vornehmlich Geld aus früheren Reisen. Das Teil sieht ziemlich echt aus und würde bei einen „normalen“ Überfall vielleicht helfen.
Zunächst fahre ich aber bei wunderschönem Sonnenschein und 20 Grad dem russischen Grenzposten entgegen und habe heute richtig gute Laune. Hoffentlich wird die nicht gleich wieder gedämpft. Belgorod ist übrigens eine schöne, moderne und saubere Stadt.
Auf dem Weg zur Grenze haben die Russen mehrere mobile Radarkontrolle aufgebaut und ich halte mich daher lieber zurück. Der Grenzübergang präsentiert sich wie erwartet: Ich werde um 07:39 Uhr von russischen Grenzbeamten empfangen, deren Präsenz ich wahlweise zwischen Unfreundlichkeit, Arroganz und Demotivation einordnen darf. Immerhin geht die Ausreise schneller vonstatten als die Einreise. Ich kann nicht verleugnen, dass ich über den Abschied aus Russland froh bin. Andererseits finde ich es schade. Mir wäre es lieber, wenn mir Russland lieb wäre…
Dafür bin ich jetzt etwas angespannt, angesichts der ukrainischen Grenze. Mein erster Kontakt ist ein Vorposten mit Soldat im Tarnanzug, der grinsend nach meinen Papieren fragt. Die habe ich natürlich bereitliegen und er schaut nur flüchtig drüber, fragt mich dafür im perfekten Englisch, wohin ich möchte. Etwas überrascht erläutere ich ihm meinen restlichen Reiseplan mit Charkow, Kiew und der Rückreise über Polen nach Hause. Als er weiter fragt und ich ihm die komplett Route erklären muss, ist er sichtlich beeindruckt. Zum Abschluss erhalte ein weiteres, sehr freundliches „Welcome to Ukraine and have a nice Trip!“
Ähm, ok. Was war das denn jetzt? Als unfreundlich kann ich den Erstkontakt in der Ukraine wirklich nicht bezeichnen…
Und schon mal vorab: Alles was jetzt kommt, wird einer der besten Teile dieser Reise!
Sichtlich überrascht fahre ich weiter an die ukrainische Hauptgrenze, wo ich an einer von drei eher kurzen Schlangen mit jeweils nur drei Fahrzeugen zum stehen komme. Ich bin noch nicht richtig abgestiegen, da werde ich von der Seite schon von einer Gruppe junger Ukrainer angesprochen, welche die schon fast üblichen Fragen stellen: Woher, wohin? Wir unterhalten uns eine Weile und dann bin ich auch schon an der Reihe mit dem Papierkram. Ich werde von einem wiederum freundlichen Beamten in Empfang genommen. Er erklärt mir in Ruhe die Prozedur auf Englisch und an welchem Häuschen ich meinen Stempel im Pass erhalte. Da er zudem noch aufpasst, dass sich niemand vordrängelt, kommt die Bürokratie hier ausgesprochen gepflegt daher. Der gesamte Prozess von Ausreise aus Russland und Einreise in die Ukraine ist um 08:15 Uhr nach exakt 36 Minuten erledigt. Das letzte, was ich von der Grenze noch mitbekomme, ist der ukrainische Schlussposten, der mich mit einem fröhlichen „Bye bye“ in die Sonne entlässt. Beeindruckend!
Ich überlege noch kurz, ob ich mich verfahren habe oder irrtümlich ins falsche Land eingereist bin?
Wenig später halte ich schon wieder an, um an der ersten ukrainischen Tankstelle etwas Nachschub einzukaufen und Bargeld zu wechseln. Draussen gibt es einen grossen Kühlschrank mit Getränken. Ich komme aber nicht ran, da der Schrank offenbar verschlossen ist. Das sieht von innen einer der Angestellten, stürmt heraus, entschuldigt sich dafür und hilft mir ungefragt beim Verstauen der Wasserflaschen in meinen Alukoffern, noch bevor ich überhaupt dazu komme, diese dann in der Tankstelle zu bezahlen. Ich bin irritiert: Ist das hier wirklich die Ukraine von der mir so viel Schlimmes erzählt wurde?
Ich erreiche den Autobahnring von Charkow, der nach bundesdeutschen Massstäben eher eine normale Landstrasse wäre. Ganz im Norden, unweit des Kreuzes mit der Grenzstrasse aus Russland gibt es einen Stadtfriedhof. Und hier, auf dem riesigen Gelände, wurde Ende der Neunziger Jahre der Soldatenfriedhof für die Gefallenen des zweiten Weltkriegs in der Ostukraine errichtet.
Dazu wurden Tausende in der Ukraine verteilte Gräber hierher verlegt, zumal viele davon nach so vielen Jahren schon nicht mehr sichtbar waren und – aus nachvollziehbaren Gründen – auch nie richtig gepflegt wurden. Dazu gehörte nach Auskunft des „Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ auch das Grab meines Grossvaters, welches sich ursprünglich 70 Kilometer weiter südlich von Charkow befand. Mein Vater hat noch drei Geschwister und niemand von ihnen hatte weitere Informationen über das Grab oder war jemals in Charkow.
Alles was ich kenne, sind Erzählungen meiner verstorbenen Grossmutter und ein Brief des Leutnants, der ihr 1943 die Todesumstände meines Grossvaters schreiben musste.
Jetzt stehe ich hier am Eingang eines Friedhofs in der Ostukraine, mitten im Sommer 2019 und 76 Jahre nach dem Tod meines Grossvaters. Ich bin sehr gespannt, was mich erwartet oder ob ich überhaupt irgendetwas zu sehen bekomme. Am Eingang gibt es ein grösseres Gebäude mit der Verwaltung des Friedhofs und ich finde dort einen netten, auskunftsbereiten Mitarbeiter. Er zeigt mir auf einer Tafel die Lage des deutschen Soldatenfriedhofs auf dem riesigen Areal, während er mir gleichzeitig sogar erlaubt, mit dem Motorrad dorthin zu fahren.
Angesichts der zwischenzeitlich gestiegenen Sommertemperaturen bin ich darüber froh, während ich gleichzeitig so leise und unauffällig wie möglich mein Motorrad auf den Wegen zwischen den Gräbern entlang bewege.
Nach zwei Kurskorrekturen (ich muss die Wege und Abzweige aus dem Kopf abfahren…) stehe ich dann tatsächlich am Eingang zum deutschen Soldatenfriedhof. Ich parke das Motorrad am Tor und mache mich dann mit der Kamera auf den Weg.
Während der ukrainische Teil des Friedhofs verlassen und vernachlässigt daher kommt, sieht man hier auf den ersten Blick einen vorbildlichen Pflegezustand: Alles ist grün und der Rasen geschnitten. Die Büsche akkurat, die Beete bepflanzt und abseits meines Fusswegs verrichtet der Rasensprenger seinen Dienst in der Morgensonne.
Die ganze Anlage ist tadellos in Schuss und hier ist jeder Spendeneuro an die Kriegsgräberfürsorge sinnvoll verwendet. Ich habe mich bisher nie damit beschäftigt, aber hier muss man sowas auch mal sagen: Es ist beeindruckend!
Man hört keinen Verkehr, keinen Lärm und alles liegt so ruhig, einsam und friedlich da. Ich bin wohl nicht der emotionalste Mensch dieser Welt, aber jetzt, hier, in diesem Moment, fühlt es sich anders an!
Eine generationsbedingte, nicht vorhandene Beziehung zu meinem Grossvater, verkehrt sich plötzlich ins Gegenteil. Auf dem schmalen Weg, der hier am sanft abfallenden Hang zu den Grabsteinen der Gefallenen führt, so weit von der Heimat entfernt, komme ich einem Menschen nahe, den ich nie kennengelernt habe.
Ich schaue auf die vielen Grabsteine: So viele Tote. Alleine auf diesem Soldatenfriedhof für die Ostukraine liegen die sterblichen Überreste von 50.000 deutschen Soldaten. Wie könnte man darüber hinweggehen?
Ich gehe zu den Stelen aus massivem Granit und sehe die Namen der Gefallenen. Man hat versucht, alle Namen zu berücksichtigen und ich suche gespannt nach dem meines Grossvaters, was angesichts der Anzahl eine echte Aufgabe ist.
Ich gehe bis ans Ende der Anlage, werde nicht fündig und kehre um. Aber so schnell will ich nicht aufgeben und nehme den Rückweg nochmal zum Anlass die vielen Steine abzusuchen. Ich gehe nochmal Reihe für Reihe ab und benötige eine weitere halbe Stunde bis es soweit ist: An der sechsten Reihe lese ich dann seinen Namen auf einem der Steine, gefolgt von seinem Geburts- und Todesdatum.
Es ist der Moment an dem ich mich ins Gras setzen muss und schlucke: 76 Jahre hat es gedauert bis sein Enkel das Grab besuchen kann und ich habe nicht einmal Blumen dabei. Ich muss ehrlich gestehen, dass das ein bewegender Moment ist.
Es fällt mir schwer, jetzt einfach zur Tagesordnung überzugehen und ich bin auf einmal überaus froh, den ganzen Tag für Charkow und die Umgebung zu haben. Ich sitze hier auf dem Rasen vor einem Stein, der mir etwas bedeutet. Jetzt gerade ist mir alles egal, und ob ich einen Tag früher oder später wieder zuhause bin. Dieser Grabstein, 2.300 Kilometer von zuhause entfernt, ändert alles. Ich bin unglaublich froh, bei meiner Entscheidung für den Stopp in Charkow geblieben zu sein.
Daher mache ich mich jetzt auf zum Motorrad und nehme mir vor, auch nach Taranovka zu fahren, seinem Todesort. Vom Autobahnring im Norden von Charkow fahre ich westlich an der Stadt vorbei um den Süden und die Strasse nach Taranovka zu erreichen. Das muss jetzt sein, ich muss da hin!
Inklusive diverser Fotostopps in einer Gegend, die ich so nicht erwartet habe, brauche ich zwei Stunden für die Strecke.
Dabei frage ich mich, was ich erwartet habe? In meiner Vorstellung war das hier eine graue, umkämpfte Gegend, unter dem Einfluss der russisch geprägten Regierung der späteren Sowjetzeit. Heute aber finde ich hier blühende Hügel mit wunderschönen, endlosen Sonnenblumenfeldern, die sich im Wind wiegen.
Oben ziehen schneeweisse Schönwetterwolken über einen strahlend blauen Sommerhimmel. Meine Vorstellung und die Realität liegen so weit auseinander, wie es gegensätzlicher nicht sein könnte!
Ok, die Strassen sind häufig kaputt, aber was erwartet man in dieser verlassenen Gegend? Und wozu habe ich eine GS?
Taranovka erreiche ich gegen Mittag und es kommt genau so sommerlich daher, wie der Rest der Ukraine.
Taranovka ist ein Strassendorf und es gibt eigentlich nichts weiter als kleine Wohnhäuser am Strassenrand, ein paar kleine Läden des täglichen Bedarfs und eine Tankstelle am nördlichen Ortseingang.
Eine Strassenbaustelle inmitten des Ortes hindert mein Fortkommen. Während ich am Anfang der Baustelle von Arbeitern gestoppt werde, sehe ich direkt rechts neben mir ein Grabmal aus dem zweiten Weltkrieg, natürlich für die russischen bzw. ukrainischen Opfer. Auch hier mache ich Fotos und vermute, dass Taranovka (Ukrainisch „Taranivka“) wohl Schauplatz von heftigen Kämpfen gewesen ist.
Nach mir zugetragenen Erzählungen des Leutnants meines Grossvaters, soll er hier in Taranovka als Pionier bei der Bewachung einer Brücke gefallen sein. Ich sehe aber nirgendwo eine Brücke.
Daher fahre ich noch ein paar Kilometer weiter nach Süden um etwa sechs Kilometer südlich von Taranovka in Richtung Okhoche abzubiegen. Hier sollte er dann nach Auskunft des Leutnants seinerzeit begraben worden sein. Der Weg nach Okhoche ist ziemlich kaputt, aber ich kann die schlimmsten Stellen ganz gut umfahren.
Zwischendurch immer das bekannte Landschaftsbild der Ukraine: Sanfte Hügel, endlose Weite und Felder, Wiesen und weitere Felder.
Der Ort „Okhoche“ ist ebenfalls eine Ansammlung kleinster Häuser und Bauernhöfe, inmitten von Sonnenblumenfeldern neben seichten Hügeln.
Die Strasse durch den winzigen Ort hat nur zum Teil eine feste Decke, ansonsten fährt man hier auf Sandpisten.
Ich finde aber auch in Okhoche nur die Reste eines Soldatenfriedhofs für die ukrainischen Gefallenen. Von ehemaligen Grabstätten der deutschen Gefallenen ist nichts zu sehen, was ich aber auch nicht wirklich erwartet hatte.
Ich hatte auch nicht den Anspruch, Überreste eines Friedhofs zu finden. Ich wollte einfach nur wissen, wie es da aussieht, wo vor so langer Zeit gekämpft wurde und wo mein Grossvater sein Leben liess.
Wahrscheinlich haben sich die Gebäude und die Gegend nicht einmal grossartig verändert? Aber es liegt eine totale Ruhe in der Luft. Es sind kaum Menschen unterwegs und alles ist still.
Nicht mehr, nicht weniger ist hier und daher fahre ich zurück nach Taranovka.
Wenn mein Grossvater jedoch in Taranovka eine Brücke bewacht hat, sollte es auch den Grund für eine Brücke geben, also habe ich nach einem Fluss gesucht. Passende Gewässer gibt es jedoch nur östlich des Ortes und ich will von der Ortsmitte nochmal dorthin abbiegen. Vorher fahre ich noch über die Eisenbahnbrücke in Taranovka, bin mir aber ziemlich sicher, dass es die 1943 noch nicht gab.
Die Strasse, die östlich von Taranovka hinausführt, müsste mich dann über eine Brücke führen, aber auch hier finde ich nichts passendes.
Etwas enttäuscht stelle ich das Motorrad nochmal ab und geniesse den sommerlichen Nachmittag mit wundervoller Ruhe am Rande eines weiteren Sonnenblumenfeldes. Während ich noch versuche, die Gegend auf mich wirken zu lassen und so gar nichts negatives spüren kann, schaue ich auf eine der Sonnenblumen.
Da kommt mir eine Idee und ich packe mir mein Schweizer Messer. Eine dieser grossen gelben Blüten erlaube ich mir abzuschneiden, lege sie in den Koffer und fahre nochmal zurück zum Friedhof nach Charkow.
Irgendwie ist es mir wichtig, dass der Enkel seinem Opa jetzt, nach so vielen Jahren wenigstens eine Blume ans Grab legt. Und während der Fahrt zurück zum Friedhof nach Charkow, freue ich mich über die Idee. Es fällt mir schwer das zu beschreiben und ich kann es mir selbst nicht erklären, aber es muss einfach sein.
Als ich ihm die Sonnenblume an den Stein legen darf, bin ich zufrieden. Ich denke, wenn er im Himmel ist und das sieht, freuen wir uns bestimmt beide.
Dieser ganze Tag war für mich irgendwie erfüllend, komplett, stimmig. Es ist nicht die spektakulärste Gegend, aber sie war trotzdem unerwartet schön und es war für mich ganz bestimmt einer der eindrucksvollsten Tage dieser Reise. Es ist für mich auch irgendwie meine Geschichte und bedeutet etwas. Jedem, der Ähnliches in seiner Historie findet, kann ich nur empfehlen, loszufahren und nachzuschauen! Ich bin überaus froh, dass ich das gemacht habe.
(Zuhause habe ich meinem Vater alles erzählt und die Fotos gezeigt. Er ist dann kurzerhand mit dem Flieger nach Kiew, weiter nach Charkow und hat das Grab seines Vaters dann auch selbst besucht.)
Am Abend suche ich mir dann eine kleine Pension in einem ruhigen Stadtviertel im Norden von Charkow und gehe zu Fuss zu einem Restaurant um zu Abend zu essen und diesen Tag ausklingen zu lassen.
Das die Pension mit dem Frühstück erst um 9 Uhr beginnt, fahre ich schon früh ab und suche ich mir ein kleines Strassencafe. Es ist ein richtig schöner, warmer Sommermorgen.
Mein nächstes Ziel ist Kiew. Von Charkow sind es knapp 500 Kilometer in die Hauptstadt der Ukraine und ich fahre das unter der Rubrik „Augen zu und durch“ mal wieder über die zeitsparende Autobahn. Es ist auch keine spektakuläre Strecke. Die beste Abwechslung bescheren mir die anderen Verkehrsteilnehmer.
Meine Erkenntnis ist heute ein Beleg für die Ukraine, die wahlweise als „Kornkammer Russlands“ (oder Europas) bezeichnet wird. Neben der Strasse gibt es Felder, soweit das Auge reicht, dann ab und zu eine Tankstelle, dann wieder Felder, Felder und noch mehr Felder.
Nur ab und zu führt die Autobahn durch einen grösseren Ort, ansonsten ist dieser Fahrtag nicht weiter bemerkenswert.
Kiew erreiche ich am frühen Nachmittag, wiederum bei grosser Hitze. Hier plane ich zwei Übernachtungen und habe mir dazu eines der komfortableren Häuser ausgesucht. Es ist das „Hotel Natsionalny“, ehemals wohl ein Hotel der hohen ukrainischen Parteifunktionäre. Die Inneneinrichtung spiegelt das auch noch im Jahr 2019 wieder und auf mich versprüht das sogar einen gewissen Charme. Als ich das Zimmer auf Booking buchen will, erhalte ich für fünf Euro mehr pro Tag die Option auf eine Suite. Da ich hier erst den zweiten fahrfreien Tag auf der Reise verbringen will, gönne ich mir den Aufpreis und erhalte, wie ich finde, durchaus angemessene Räumlichkeiten.
Manchmal gönne ich mir sowas, dann muss das einfach sein. Und heute ist Manchmal!
Ich schaue mir dann am Nachmittag und Abend noch die Innenstadt von Kiew an, denn der Maidan liegt nur etwa 1000 Meter von meinem Hotel entfernt, den kann ich daher schnell zu Fuss erreichen und das ist schon mal prima. Kiew (Drei Millionen Einwohner) ist eine tolle Stadt und das sage ich als bekennender Antifan von Grossstädten!
Von dem Leben, der Architektur und den schönen Plätzen bin ich tief beeindruckt. Da macht es sogar mir Spass, die Stadt zu Fuss zu erkunden.
Ich laufe durch die Strassen und lasse den Nachmittag in Ruhe auf mich wirken. Es tut wahnsinnig gut, wieder alleine und für mich selbst unterwegs zu sein. Ich kann machen was ich will und geniesse jeden Schritt nur mit mir und meiner Kamera.
In Richtung Osten erreicht man ziemlich einfach über eine imposante Fussgängerbrücke den Chreschtschatyj-Park über dem Ufer des Dnjepr und von dort hat man einen tollen Ausblick über den Fluss und die Stadt.
Jetzt, nach knapp 9.000 Kilometern, kommt mir der fahrfreie Nachmittag genau so entgegen, wie die Aussicht auf einen zweiten freien Tag morgen. Gleichzeitig weiss ich, dass ich mich übermorgen schon wieder darauf freuen werde, wieder auf dem Motorrad zu sitzen.
Kiew ist in jedem Fall eine tolle Stadt und ich würde sagen, es ist nach Baku die zweite grosse, sehr positive Überraschung in Bezug auf Städte auf dieser Reise.
Am Abend zuvor, noch in Charkow, hatte ich mir eine Fahrt nach Chernobyl gebucht. Das ist aus Kiew möglich, wenn man rechtzeitig reserviert und die 120 Kilometer Fahrt nördlich der Hauptstadt mit einem Guide durchführt. Alleine, bzw. auf eigene Faust darf man da leider nicht hin.
Der Chernobyl-Reaktor Nummer vier ist am 26.04.1986 explodiert und ich kann mich noch gut an die Situation damals erinnern. Es war kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag und ich war noch in der Berufsausbildung. Nach einigen Tagen war es verboten, im Freien Sport zu treiben und die Fussballplätze waren alle gesperrt.
Ich muss mich am nächsten Morgen um 8 Uhr am Maidan einfinden und kann von dort aus mit einer kleinen Gruppe in einem Mercedes Sprinter abfahren. Die Gruppe besteht aus neun Personen und ist international besetzt: Zwei Briten, ein schweizer Päärchen, ein belgisches Päärchen, ein Australier und ich. Nummer neun ist Igor, der Guide und natürlich Ukrainer aus Kiew. (Kontakt über: „Soloeast Travel“)
Im Gedächtnis von 1986 geblieben ist mir übrigens das surreale Interview mit unserem damaligen Innenminister Zimmermann. Dieser Kerl hat damals genau solchen Lügen erzählt, wie unsere Politiker heute. Manches ändert sich eben nie. Meine Bewunderung gilt dabei unserer Regierung: Sie verbreitet tägliche Desinformation über ihre Staatsmedien und lässt das Wahlvolk auch noch dafür bezahlen. Es ist ebenso perfide wie genial! Und der Grossteil glaubt den Quatsch…
Wo war ich? Tschernobyl oder wahlweise auch Chernobyl. Man kann jetzt geteilter Meinung sein, ob man eine Fahrt dorthin moralisch vertreten kann. Ich habe die Katastrophe damals als junger Erwachsener erlebt, sicherlich auch meine Dosis abbekommen und „erlaube“ mir daher einen Besuch.
Die Kosten für die Fahrt und die Genehmigung helfen zumindest teilweise der Region, den Menschen und ein bisschen auch für den noch immer notwendigen Betrieb vom Rest der Reaktoranlage. Es arbeiten auch heute jeden Tag tausende von Menschen um die Schäden einigermassen in den Griff zu bekommen. Alleine der neue Sarkophag um den havarierten Reaktor hat 1,5 Milliarden Euro gekostet. Ich will hier auch gar nicht die ganzen Details wiederholen. Jedem, der sich für die Katastrophe von damals interessiert, kann ich eine Reise dorthin empfehlen. (Und wer sich heute mal wirklich technisch fundiert und sachlich vorab informieren will, liest z.B. diesen Bericht von Dr. Ruegg)
Wir fahren zunächst etwa 100 Kilometer, bevor wir an den ersten Sperrzonenring kommen.
Eine Einfahrt mit dem Motorrad auf eigene Faust ist übrigens völlig unmöglich, so gerne ich das vielleicht auch gemacht hätte. Selbst für meine Buchung musste ich vorab meine Reisepassdaten angeben. Wir erhalten am ersten Checkpoint der 30km-Zone – insgesamt sind es 12 Checkpoints – dann auch alle ein registriertes Dosimeter, welches wir beim Verlassen der Zone wieder auswerten lassen und abgeben müssen.
Die Fahrt führt uns durch lange, flache Waldgebiete. Abseits der Strasse kann man ab und zu die alten, verlassenen Häuser der evakuierten Bewohner erkennen. Nach so vielen Jahren holt sich die Natur aber deutlich sichtbar alles zurück und die Ruinen der Häuser verschwinden langsam wieder unter wachsenden Bäumen und Gebüsch.
Heute wohnen in der Sperrzone noch etwa 120 Menschen, die sich der Evakuierung widersetzt haben. Ihr Durchschnittsalter beträgt 86 Jahre. Die Regierung duldet das und ist der Meinung, das Problem löst sich in absehbarer Zeit von alleine…
Der Ort Chernobyl selbst ist entgegen weitläufiger Meinung keine Geisterstadt. Hier ist vielmehr ein Grossteil der Arbeiter vom Kraftwerk untergebracht. Es gibt Büros, Kantinen, sogar einen Supermarkt. Chernobyl hängt irgendwie zwischen gerade noch aufrecht erhaltener Infrastruktur für die Restaufgaben und Verfall, abseits der noch notwendigen Gebäude und Strassen.
Mitten in der Stadt gibt es eine Art Friedhof mit Kreuzen für jedes evakuierte Dorf in der Umgebung und die Szene wirkt ziemlich bedrückend.
Ein paar Meter weiter sind die Roboter geparkt, die damals bei der Räumung der radioaktiv verseuchten Trümmer direkt am Reaktor eingesetzt wurden.
Die Strahlung in ihrer Arbeitsumgebung war so hoch, dass die meisten von ihnen nach und nach ausgefallen sind. Moderne Mikroelektronik kann man da nicht einsetzen. Das ist übrigens auch der Grund, warum man bei Weltraummissionen keine normalen, ungeschirmten High-Tech-Computer nutzen kann. Moderne Prozessortechnik in 32 oder gar 10nm ist bei hoher Strahlung nicht einsetzbar.
Deshalb hat die NASA auch eine Zeit lang alte Mikroprozessoren gesucht und… (Sorry, ich schweife wieder ab)
Danach geht es weiter nach Norden in Richtung des eigentlichen Reaktorkomplexes. Nach einigen Kilometern kann ich dann die Hülle über Reaktor Nummer Vier erkennen und je näher wir kommen, desto unglaublicher ist es, jetzt unmittelbar am Ort der eigentlichen Katastrophe zu stehen.
Wir halten dann tatsächlich direkt vor dem Reaktor, steigen aus und schauen ehrfürchtig auf die riesige Halle. Es ist die grösste bewegliche Konstruktion, die jemals von Menschen gebaut wurde. Sie wurde in sicherer Entfernung zusammengesetzt und dann über den 30 Jahre alten, maroden Betonsarkophag geschoben.
Danach geht es über eine Betonstrasse weiter nach Pripyat, den Ort, in dem die meisten der Arbeiter des Kernkraftwerks seinerzeit gewohnt haben, der dann nach wenigen Tagen evakuiert wurde und der bis heute tatsächlich verlassen ist.
Einmal halten wir direkt an der Strasse an und schauen auf den „Roten Wald“. Der Wald selbst darf auch heute nicht betreten werden, weil die Reststrahlung immer noch so hoch ist.
Das kann man auch selbst einfach feststellen indem man das Auto verlässt und die Dosisleistung selber misst. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede auf wenigen Metern. Manche Stellen sind völlig harmlos, andere wiederum stark radioaktiv. Das sind die „Hot Spots“ die man meiden sollte.
Dann kommen wir an den Ortseingang von Prypjat. Die damals noch sehr junge Stadt hatte Ende der achtziger Jahr knapp 50.000 Einwohner (Durchschnittsalter damals 26 Jahre!) und die Bewohner hatten fast alle ihren Arbeitsplatz im nahen Kernkraftwerk.
Prypjat ist tatsächlich unbewohnt und heute eine Geisterstadt. Wir fahren in den Ort und Igor erzählt uns viel über die Entstehung der Stadt und die Zeit zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Vieles ist mittlerweile überwuchert und jetzt, im Sommer mit dem ganzen Laub an den Bäumen kann man einige Gebäude gar nicht mehr richtig erkennen oder identifizieren. Wir laufen durch die überwucherten Strassen und Wege und manchmal auch durch die Reste der Gebäude.
Igor kennt Prypjat natürlich wie seine Westentasche und führt uns zum Vergnügungspark, der laut Plan am Maifeiertag 1986 eröffnen sollte. Der Reaktorunfall kam der Feier dann nur wenige Tage zuvor.
Ich mache Fotos vom Autoscooter und dem Riesenrad. Die Bilder sind mir aus vielen Reportagen bekannt, jetzt aber selbst hier zu stehen, hat etwas sehr Eigenartiges.
Wir nehmen uns dann reichlich Zeit für alles und können die einzelnen Gebäude in Ruhe anschauen, darunter Kino, Theater, Cafe und weitere öffentliche Gebäude.
Weiter geht es zum Krankenhaus von Prypjat und das ist der Ort, der mir am eindrücklichsten im Gedächtnis bleiben wird. Viele Räume sind heute noch gut zu erkennen, so zum Beispiel ein Operationssaal oder die Betten der Station für die Neugeborenen.
Hier, im Keller des Krankenhauses, haben die Liquidatoren damals ihre kontaminierten Overalls abgelegt und sie liegen heute noch dort unten. Igor warnt uns eindringlich davor, in den Keller hinab zu gehen und ich habe das auch sicher nicht vor. Dort unten wäre die Strahlenbelastung durch die verstrahlte, alte Kleidung noch heute extrem hoch. Ich beschränke mich auf ein Foto der Kellertreppe…
Zum Beweis liegt oben im Erdgeschoss ein kleiner Fetzen Stoff unter einer Metallplakette auf einem Tisch und wir erhalten eine eindrucksvolle Demonstration der Reststrahlung nach so langer Zeit.
Dann fragt uns Igor, ob jemand auf eines der Hochhäuser steigen will. Das geschieht dann aber auf eigenes Risiko und er selbst gehe sicher nicht mit.
Fast alle bleiben lieber unten und ich überlege nicht lange: Diese Gelegenheit bekomme ich wahrscheinlich nicht wieder und mache mich dann mit der Kamera auf den Weg zum Dach. Hier oben hat man eine fantastische Aussicht über Prypjat und kann auch recht gut den nur wenige Kilometer entfernten Reaktorkomplex erkennen.
Ich sehe am Horizont sogar das Duga-Radar, eines meiner persönlichen Highlights, doch dazu später.
Wieder unten angekommen können wir noch das Schwimmbad und die angrenzende Sporthalle besuchen.
Das letzte Gebäude in Prypjat ist dann die Schule. Hier liegen noch hunderte von Gasmasken auf dem Boden und es ist wirklich ein trauriger Ort.
Gut ist unsere kleine Gruppe, in der wir heute unterwegs sind. Niemand ist dabei, der nur hektisch die einzelnen Spots ablaufen will. Alle nehmen sich Zeit, hören Igor ausführlich zu, wenn er die Einzelheiten erklärt, sind aufmerksam und ernst unterwegs und ich habe die Gelegenheit, meine Fotos mit der nötigen Ruhe zu machen.
Manche Klassenräume wirken so, als wären die Schüler gerade erst Hals über Kopf heraus gerannt, selbst Schulhefte und Bücher liegen noch auf den Tischen.
Ich denke ich hatte viel Glück, Teil einer so kleinen Gruppe zu sein. Wir hatten jede Menge Zeit und Ruhe an diesem Tag, konnten alles ansehen und Igor hat alle unsere Fragen beantwortet.
Dann steigen wir wieder in den Sprinter und fahren in westlicher Richtung zum Duga-Radar. Das Duga-Radar wurde damals von den Sowjets als Überhorizontradar erbaut und sollte potenziell anfliegenden Atomraketen der Amerikaner erkennen. Mich interessiert sowas besonders, weil mein erstes Studium (Nachrichtentechnik) sich mit dem Thema beschäftigte (Mit der elektronischen Nachrichtenübermittlung, nicht mit dem Einsatz von Atomraketen…) Ich kann mich noch daran erinnern, als Teenager das prägnante Klopfsignal gehört zu haben, welches durch die 10Hz Wiederholfrequenz erzeugt wurde und der Anlage den Spitznamen „Woodpecker“ (Specht) gab.
Igor verspricht, uns dorthin zu fahren und wir sind dann etwa eine halbe Stunde über eine wirklich üble Betonpiste unterwegs durch den dichten Wald. Das Duga-Radar war damals natürlich streng geheim und es wurde hier auch nicht zufällig in den Wald gebaut.
Wir laufen vorbei an kleinen, unauffälligen Gebäuden im Wald und dann über einen schmalen Pfad zur eigentlichen Antennenanlage.
Wenig später stehe ich vor der gigantischen Anlage und es ist überwältigend. Was für ein Aufwand! Alleine der Stahl für den Antennenkomplex muss ein Vermögen gekostet haben.
Die gesamte Anlage, hier war übrigens der Empfängerteil, ist 150 Meter hoch und etwa einen Kilometer lang und wirklich gigantisch. Ich schaffe es kaum, das riesige Metallgerüst fotografisch einzufangen, aber die Bilder vermitteln vielleicht trotzdem einen Eindruck.
Der Energiebedarf war derart hoch, dass nur ein nahes Atomkraftwerk genug Strom für den Betrieb liefern konnte. Als Reaktor Nummer Vier explodierte, war das gleichzeitig auch das Ende des damals relativ neuen Duga-Radars. Alles für die Katz…
Der gesamte Chernobyl-Komplex mit vier Reaktoren hat übrigens etwa 2 Milliarden Dollar gekostet, alleine das Duga-Radar hat 7 Milliarden gekostet, nur mal so als Vergleich und Grössenordnung. Und das war in den Achtzigern…
Der Rest unserer Truppe kann mit dem Stahlskelett nicht wirklich etwas anfangen und ist schnell wieder am Minibus. Ich würde am liebsten hochklettern, aber ich fürchte, Igor findet die Idee blöd. Mittlerweile ist es später Nachmittag und ich mache noch ein letztes Foto, bevor wir wieder in Richtung Kiew aufbrechen.
Am vorletzten Checkpoint müssen wir dann unsere Dosimeter prüfen lassen, aber bei niemandem von uns hat es dabei Auffälligkeiten gegeben. Ganz zum Schluss, am letzten Checkpoint, müssen wir durch die Schleusen und unsere Kleidung und Schuhe werden auch nochmal auf Strahlung geprüft.
Auch hier ist alles in Ordnung und wir sind raus aus der Sperrzone von Chernobyl.
Am Abend kommen wir gegen 20 Uhr wieder in Kiew an. Das war ein sehr langer, sehr warmer und erlebnisreicher Tag und ich bin ziemlich platt. Gleichzeitig bin ich einfach nur glücklich. Alleine die letzten Tage in Charkow, Kiew und Chernobyl waren absolut beeindruckend, genau so, wie ich mir die Reise durch die Ukraine, die Reise überhaupt, vorgestellt habe. Jetzt bin ich froh, wieder alleine unterwegs zu sein. Vielleicht bin ich auch einfach nicht für Reisen in der Gruppe geeignet?
Als wir wieder in Kiew sind und ich zum Hotel laufen will, durchquere ich wieder die Innenstadt mit dem Maidan, auf dem eine grossen Feier stattfindet. Es gibt Livemusik mitten auf der Strasse und alles feiert ausgelassen in den Sommerabend hinein. Mitten auf einer der Hauptstrassen hat ein Musiker sein Schlagzeug aufgebaut und daneben tanzt ein Priester zur Rockmusik.
Es ist ziemlich cool! Erwähnte ich schon, dass ich Kiew ganz fantastisch finde?!
Ich suche mir in der City noch ein Restaurant für das Abendessen und falle dann irgendwann bei Einbruch der Nacht total müde, aber sehr zufrieden ins Bett.
Wie schon am Tag zuvor ist das Frühstück im Hotel Natsionalsky eine echte Show! Offiziell beginnt es um 7:30 Uhr, aber das ist eher eine grobe Schätzung. Entscheidend ist, wann die mürrische Bedienung bereit ist und nicht, wann dem Gast das Frühstück angekündigt wurde. Zusammen mit der 70er-Jahre-Einrichtung werde ich in die Zeit des Sozialismus katapultiert. (Ok, in Deutschland erlebt er gerade seine Renaissance…) Ich nehme es mit Humor und mache mir einen Spass daraus, die Verantwortliche für diese Zumutung mit kreativen Kaffeewünschen zu traktieren. (Die Kaffeevariante ist mir eigentlich sch…egal, aber ich will es der postsozialistischen Trulla heimzahlen!):
Gestern, als ich für die Abfahrt nach Chernobyl um 8 Uhr am Maidan sein musste, hat niemanden mein Frühstück interessiert, sodass ich ohne los musste. Jetzt ist „Payback-Day“ und ich vernehme mit Freude, wie in der Küche lautstark die Fetzen fliegen. Da muss das Hotel Natsionalsky was machen, denn eigentlich ist das ein tolles Haus mit nettem Personal. Was die aber dort beim Frühstück veranstalten, ist irgendwas zwischen Frechheit, Arroganz und Muppet-Show.
Mein Ziel heute ist die Grenze nach Polen und irgendwie freue ich mich nach vier Wochen wieder auf die EU. Und so geht es dann von Kiew schnurstracks in Richtung Chelm. Spannend ist das heute nicht, denn es geht über die eher langweilige Autobahn, die dafür allerdings in einem tadellosen Zustand ist.
Links und rechts sehe ich wiederum nichts als Felder, Wiesen und ausgedehnte, nicht enden wollende Waldgebiete. Nur einmal wird die Landschaft durch den Atomkomplex bei Riwne unterbrochen. (Korrektur, in der ersten Version hatte ich das AKW irrtümlich nach Kursk verlegt…)
Bei Kowel sind es nur noch etwa 60 Kilometer bis zur polnischen Grenze und ich komme an einer Waschanlage vorbei. Da mein Motorrad seit dem letzten Schaumbad in Georgien eine dicke Dreckschicht angesetzt hat, nehme ich die Gelegenheit wahr und fahre kurzerhand in die Waschhalle.
Allerdings darf ich nicht selbst Hand anlegen und ein junger Bursche übernimmt die Aufgabe. Die ganze Aktion soll umgerechnet keine zwei Euro kosten und ich runde sehr grosszügig auf.
Etwas zu spät stelle ich fest, dass er offenbar einen besonders „wirksamen“ Reiniger verwendet. Die Alukoffer laufen an und sehen aus, als ob sie gerade aus Reaktor Nummer Vier kommen. Na egal, wer später fragt, wieso die so seltsam aussehen, bekommt immerhin eine gute Geschichte erzählt… Wie nennt man das gleich: Patina?
Meine restlichen ukrainischen Griwna investiere ich in vitaminreiche, regionale Nahrungsmittel und schwinge mich wieder aufs Moped.
Dann geht es weiter in Richtung Polen und am Himmel türmen sich abermals Gewitterwolken auf. Ich hoffe, es erwischt mich nicht schon unterwegs.
An der Grenze steht zunächst natürlich die Ausreise aus der Ukraine auf dem Programm. Ich werde zusammen mit zwei Schweden abgefertigt. Einer fährt eine Harley, der andere ein selbst gebautes Triumph-Gespann. Vorteil: Wir vertreiben uns die Zeit für den Papierkram mit dem Austausch von Reiseinformationen.
Ich frage die beiden woher sie kommen und sie antworten voller Stolz mit „Kiew“. Sie wollten auch nach Chernobyl, haben aber nicht herausgefunden, ob man da hinkommt. Eigentlich wollten sie sogar bis nach Russland, haben aber an der Grenze festgestellt, dass man da ohne Visum nicht reinkommt, jetzt wollen sie schauen, wie man aus der Ukraine rauskommt. (Den Satzbau merke ich mir…)
Ich bin mal wieder fassungslos, wie schlecht vorbereitet manche Leute unterwegs sind. Sie erzählen mir aber von ihrer tollen Reise durch Polen und die Ukraine und sind hellauf begeistert, „den Osten Europas“ gesehen zu haben.
Anschliessend fragen sie nach meiner Route und ich antworte wahrheitsgemäss: „Form Germany via Hungary, Serbia, Bulgaria to Turkey, then Georgia and Armenia, back to Georgia and to Baku in Azerbaidjan, again Georgia and via Russia to Ukraine. I’ve been to Chernobyl yesterday and would highly recommend a visit. (Ich weiss, ich kann echt ein Ars… sein!)
Die Ukrainer haben dann alles erledigt (und waren alle wieder sehr, sehr freundlich!) und wir können zu den Polen weiterfahren. Blöd ist, dass die Wolkenfront am Himmel sich jetzt pechschwarz über uns auftürmt.
Wir stehen am Ende einer Schlange von etwa 20 Fahrzeugen und sehen ziemlich am Anfang derselben das rettende Dach der Abfertigung, aber nix gibts: Die Polen verweigern uns die Fahrt unter das Dach und wir müssen auf der Freifläche warten, bis wir an der Reihe sind. Es kommt wie es kommen muss und wir kriegen ein Gewitterregen ab, der uns bis auf die Knochen durchnässt.
Willkommen in der EU, denke ich mir und all mein Hass auf Grenzer ist mit einem Schlag wieder präsent. Insgesamt benötigen die Polen eineinhalb Stunden um uns wieder in die EU zu lassen. Und das mit deutschen, bzw. schwedischen EU-Pässen. Herzlichen Dank!
Im polnischen Chelm treffe ich dann am späten Nachmittag ein und beziehe das nächste kleine Hotel. Während im hoteleigenen Restaurant eine sehr grosse polnische Familie feiert, versuche ich bei einer älteren Dame einzuchecken. Leider spricht sie kein Englisch und betet dann einen minutenlangen, polnischen Monolog herunter, von dem ich kein einziges Wort verstehe. Ich erwidere dann höflich, ich spräche kein Polnisch und frage vorsichtig, ob vielleicht jemand im Haus ist, der Englisch spricht. Und was glaubst du, macht die Dame dann? Richtig: Sie erzählt einfach alles nochmal. Auf Polnisch! Manchmal fühlt man sich echt wie auf einem anderen Stern…
Weiter geht es dann über Belzyce, Lipsko, Konskie, Belchatow, da ich Polen mal ohne Autobahn erfahren will.
So richtig spannend ist dieser Teil unseres westlichen Nachbarn aber auch nicht, es sei denn, man biegt hier und dort mal in ab ins Unterholz.
Am Abend quartiere ich mich dann nochmal in der Nähe von Konin ein, bevor es ins heimatliche Germanien geht.
Interessanterweise finde ich kurz vor der Grenze nach Deutschland nochmal Hinweise auf den Ostwall. Den Westwall kannte ich, aber vom Ostwall hatte ich bisher noch nichts gehört. Ich finde dann mitten im Wald sogar eine Art Freilichtmuseum mit noch weitestgehend intakten Bunkeranlagen.
Dort treffe ich einen Polen, der seinen Sohn auf einer 800er GS mitgenommen hat und ebenfalls die Anlage besuchen will. Klar, dass wir uns unterhalten und er wissen will, woher ich komme. Das Gespräch wird mir dann fast etwas unangenehm, denn er zeigt dann immer wider mit seinem Finger auf mich und redet auf seinen Sohn ein, der später auch mal solche Reisen machen soll.
Bundesdeutschen Boden erreiche ich dann bei Frankfurt an der Oder und schaue mir südlich von Berlin noch den Spreewald an, das war auch noch so ein weisser Fleck auf meiner persönlichen Karte. Die letzte Übernachtung buche ich in einem wirklich netten Landhotel (ohne Mobilfunknetz, willkommen in Deutschland…) bei Krausnick.
Als ich am Abend im hoteleigenen Restaurant esse, sitzt am Nebentisch eine Mutti mit ihren beiden Kindern. Sie erzählt mir ungefragt, dass es als Alleinerziehende so gar nicht einfach ist und bestellt dann unter minutenlangen Erläuterungen ihrer Sonderwünsche an den Chef des Hauses das vegane, gluten- und laktosefreie Abendessen, inklusive der Angabe was sie vom Gericht NICHT möchte und stattdessen als Ersatz auf dem Teller erwartet. Zwischendurch redet sie immer wieder monoton auf ihren Nachwuchs ein, der das Geschirr mit einem Schlagzeug verwechselt. Ich muss dem Martyrium nur drei Minuten zuhören und weiss ganz genau, warum sie Alleinerziehend ist: Kein gesunder Mann hält sowas aus ohne dauerhaft Schaden zu nehmen!
Danach geht es auf den finalen Fahrtag nach Hause. Letzte Anekdote: Kurz vor meiner Rückkehr, auf der Autobahn bei Osnabrück, zeigt mein Bordthermometer mit 39 Grad die höchste Temperatur der Reise an. So heiss war es nicht einmal in Azerbaidjan. Nach einem Monat und 11.200 Kilometern stelle ich das Motorrad dann wieder in unserer Einfahrt ab und freue mich, dass sich auch meine Frau freut 🙂
Ich bin heile und zufrieden zurück, habe unglaublich viel erlebt und gesehen. Das ist unbezahlbar. Ende. Was für eine Reise!
Fazit:
Eine wahrhaft erlebnisreiche Tour durch zwölf Nationen! Den Kaukasus mitsamt seinen sehr unterschiedlichen Ländern Georgien, Armenien und Aserbaidschan kann ich nur jedem empfehlen! Auch die Türkei hatte wirklich viel zu bieten. Das reicht alles für tolle Geschichten an langen Winterabenden.
Russland hat sich mir auch beim zweiten Mal leider wieder sehr unfreundlich präsentiert. Das ist schade, denn es gibt in diesem Riesenreich noch so viel zu sehen und ich habe z.B. grosses Interesse an der Altai-Region. Aber auch für Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und die Mongolei drängt sich mindestens der Transit durch Russland auf. Schwierig, ich muss mir das Land irgendwie nochmal schönreden…
Eine der positivsten Überraschungen war für mich jedoch – neben Armenien – die Ukraine! Was hat man mir nicht alles an Warnung mitgegeben. Im Ergebnis habe ich mich dann pudelwohl gefühlt und so viele beeindruckende Landschaften, Städte und Regionen gesehen. Dazu die vielen netten Menschen. Es mag sein, dass man als Individualreisender noch vor wenigen Jahren von Polizeikontrollen schikaniert wurde, davon ist spätestens im Jahr 2019 aber nichts mehr zu sehen. Ich würde da ohne Bedenken wieder hinfahren. Zeiten ändern sich!
Naja, und der Kaukasus ist sowieso eine Schau! Der war nochmal spektakulärer als ich dachte. Was für eine Landschaft, was für Berge, Gipfel und unglaubliche Strecken. Das einzige Problem ist, dass der so weit weg ist. Er würde aber locker Ziele für mehrere weitere Reisen dorthin bieten. Zwischenzeitlich denke ich, es war vielleicht gar nicht meine einzige Reise dorthin? Gerade jetzt, mit diesen Erfahrungen, könnte ich nochmal los, ich wüsste ein paar Kleinigkeiten die ich meide und viel, was ich stattdessen noch sehen will.
Ich schreibe dieses Fazit im Dezember 2019 mit fünf Monaten Abstand. Begeistert bin ich immer noch, wenngleich die letzten Abende schon die Planung für 2020 (und einer Grossplanung für 2021) voranschreitet.
Vielleicht konnte ich dir ein kleines Stückchen Begeisterung und Reisefieber vermitteln? Wenn ja, wäre das toll. Mich haben so viele andere Reisende inspiriert und das ist mein Dankeschön an alle von ihnen. Vielleicht kann ich aber auch dich motivieren, die Sachen zu packen und loszuziehen? Lass es mich wissen…
Schäden/Probleme:
Bei meiner BMW R1200GS Adventure (luftgekühlt, K25), Baujahr 2013, aktuell 70.000km: keine, null, gar nichts…
Reifen/Verschleiss (Mein Motorrad):
Reifenverbrauch: Ein neuer Satz Conti TKC 70, aufgezogen direkt vor Beginn der Reise. Zum Ende: Vorne runter auf Minimalprofil, hinten noch ca. 30-40 Prozent Restprofil.
Ölverbrauch ca. 0,6 Liter auf der gesamten Tour, schrittweise nachgefüllt bei meinen abendlichen Servicechecks.
Inspektion bei BMW direkt vor der Reise, dann erneut fällig direkt nach der Reise.
(Aussage bei der telefonischen Terminanfrage: „Das kann nicht, die Maschine war vor zwei Monaten erst hier…“)
Kosten:
ca. 1.800 EUR meine Gesamtkosten für die komplette Tour inkl. Hotels, Verpflegung, Sprit, Maut, Chernobyl-Tour, etc.
Die Spritpreise für Superbenzin, umgerechnet in Euro Stand Juli 2019:
- Türkei 1,02 EUR
- Georgien 0,70 EUR
- Aserbaidschan 0,45 EUR
- Armenien 0,90 EUR
- Russland 0,65 EUR
- Ukraine 1,09 EUR
- Polen 1,20 EUR
Zollformular Russland (Auf Englisch): Klick PDF
Und noch ein paar Zahlen:
- 11.200km Gesamtstrecke
- 690 Liter Super (Meistens jedenfalls… Je nachdem wie man „Superbenzin“ definiert…)
- 29 Reisetage, 11 solo
- 2.788 Fotos
- 9 Videos (war ein Versuch, hab aber kein Talent/Zeit/Geduld für die Nachbearbeitung…)
- 1 Reifensatz Conti TKC70
- Null Reifenschäden!
- 1x Motorcheck; 4x Kette spannen; 2x Kette neu aufziehen und spannen; 1x H7-Birne gewechselt; 1x Sturzschaden rechter Alukoffer (Alles am „besten Motorrad der Welt“)
- 2 Strafzahlungen: 1xPolizei (Azerbaijan) und 1xMilitär (Russland)
- 17 Polizeikontrollen
- 9 Non-EU-Grenzübertritte
- 1x Krank mit Krämpfen (In der bösen Nacht in Tiflis. Später fiel mir wieder ein , dass ich sogar eine „Reiseapotheke“ dabei hatte…)
- 1 Hochzeitseinladung (In Azerbaijan, aber ausgeschlagen)
- 6 vermiedene Beinahe-Unfälle (1xTürkei, 1xGeorgien, 4xRussland)
- Reisewäsche: 3 Sport-Shirts, 5 Unterhosen, 5 Paar Socken, 1 Softshell-Jacke, 1 Jeans, 1 Poloshirt, 1 Langarm-Hemd, 1 Paar Sportschuhe, (natürlich plus Motorradkombi)
Uwe 07/02/2020
Das war mal wieder feiner Lesestoff und ein tolles Erlebnis. Ja, auf jeden Fall macht das Lust auf mehr. Wohin geht es denn 2021? Und auch nach diesem Versuch solltest du die Hoffnung auf einen adäquaten Reisepartner nicht aufgeben. ! Es gibt gibt Gleichgesinnte
M. Olbrich 07/02/2020
Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind ….
ich lese Deine Reiseberichte mit Begeisterung.
Am meisten hat mit Deine „Großvater-Geschichte“ berührt.
Am meisten überrascht und gefreut hat mich Deine Ukraine Beurteilung.
Vielleicht muss man aus Vernunftgründen das ein oder andere auf so einer Reise auslassen (DEIN Pass, den Du unbedingt fahren wolltest, den Du aber hättest alleine fahren müssen), aber die Freiheit des Alleinreisens wiegt alle Nachteile auf.
(Abendliche Gespräche werden überbewertet).
Ich bin auf Deine nächsten Ziele / Reiseberichte gespannt und, wer weiß, vielleicht trinken wir mal einen Café con leche in al andalus.
Max
Thomas B 07/02/2020
Tolle Reise, spannend und erheiternd zugleich geschrieben. Vielen Dank für’s „mitnehmen“. 🙂
Anonymous 07/02/2020
Danke für den tollen Reisebericht, sehr mitnehmend geschrieben
Anonymous 08/02/2020
Vielen Dank – mag keine langen Reiseberichte …aber diesen habe ich regelrecht verschlungen. Das (Motorrad)Leben kann so schön sein, diese Reise weckt Lust zum Selbermachen!
Jörg 08/02/2020
Vielen Dank für den absolut lesenswerten Reisebericht. Bin überrascht über deine schlechten Erfahrungen in Russland – muß echt falsche Zeit und falscher Ort gewesen sein. Kann ich von meiner 7-Länder-Tour (inkl. Ukraine u. Russland) gar nicht behaupten – auch nicht von Touren im Altai-Gebirge. Die Russen waren immer sehr freundlich und fuhren grundsätzlich anständig.
Übrigens: die DUGA ist nicht 2 km lang. Die größere Antenne ist etwa 450 Meter lang und rund 150 Meter hoch, die kleinere Antenne rund 250 Meter breit und etwa 80 Meter hoch. Also insgesamt ca. 700 m Länge. War auch beeindruckt von dem Giganten. In Kiew empfehle ich direkt das Hotel Ukraina am Majdan. Wegen Altai: schau mal bei Moto Germania rein 😉
Ist der Kollege auch wieder heile zu Hause angekommen?
LG Jörg
ebee 08/02/2020 — Autor der Seiten
Hi Jörg, es war vielleicht wirklich eine ungünstige Situation, vor allem mit dem regenerischen Fahrtag. Aber wir hatten leider auch insgesamt genug Theater dort. Trotzdem will bzw muss ich es nochmal versuchen und sie bekommen bestimmt eine dritte Chance. Ich weiss, dass einige andere Reisende auch gute Erfahrungen gemacht haben.
Bzgl. Duga: Ich hatte in einem Artikel 2.000 Meter gelesen und das übernommen. Habs gerade mit Google-Measuring nachgemessen und das ergibt knapp 1.000 Meter. Ist jetzt korrigiert. Danke für den Hinweis!
Und: Ja, der Kollege ist auch wieder heil daheim.
Chris a. H. 09/02/2020
Länder die du bereist hast, stehen auch in meinem Fokus und so habe ich vor 2 Tagen begonnen, deine Geschichte über den Kaukasus zu lesen. Nach der mich schon neugierig machenden Einleitung („eigentlich will ich ja alleine reisen“), dachte ich mir schon, dass wird spannend. Vor allem wird neben den vielen Erlebnissen mit dem Moto, dem Ländern und Menschen die darin leben, es wahrscheinlich auch sehr „menscheln“. Wobei ich da einem „Vorredner (-schreiber)“ widersprechen möchte, dass abendliche Gespräche überbewertet werden 😉
Auch ich fahre gerne alleine, jedoch verstehe ich die Aussage deiner Frau sehr gut und würde das (fast) genauso machen. Nur halt mit jemanden, den ich persönlich schon vorab kennen lernen konnte. Von daher meinen Respekt, sich auf dieses Wagnis einzulassen.
Deine Geschichten haben mich, abgesehen die deines Großvaters – welche mich sehr berührt hat, über die gesamte Reise mehr als einmal erheitert. Danke dir auch für die vielen Infos und links, welche ich aufgesaugt habe wie einen Schwamm und dabei vielleicht auch so manche in meine für 2021 geplante Reise in die Mongolei mit einfließen wird.
Helmut 10/02/2020
Ein wunderbar flüssig geschriebener Reisebericht, es hat mir großen Spaß gemacht deine Abenteuer mitzuerleben.
Cool 19/02/2020
Toller, interessante, informative, gut geschriebene, teils humorvolle Berichte mit klasse Fotos.
Hat mir sehr gut gefallen.
Danke für’s Mitnehmen!
Bernhard Sieffert 24/05/2020
Klasse Bericht(e). Bin in ähnlich komfortabler Lebenssituation (57 Jahre alt, arbeite wenig um gut zu leben) und plane eine ähnliche Tour wie die von Dir top beschriebene. Glückwunsch zu Gretas/Kühnert usw..
Menschen die Macht ausüben (speziell Grenzer) habe ich auch mal gahasst wobei ich die Reise dann für 8 bis 10 Wochen plane und gelassen den Grenzscheiss ertrage.
Ein ganz wichtiger Punkt aus meiner neutralen Betrachtung und persönlichen Erfahrung (dies soll konstruktive Kritik sein, auch ich war oft und bin hin und wieder auf der Flucht, vor was eigentlich, das musst Du selber herausfinden), versuch mal bei einer langen Tour immer wieder Orte/ Gegenden zu befahren und ein Hotel 2 bis 3 Nächte zu nutzen. Du wirst Dich wundern wie anders Deine Reisebetrachtung wird. Achja photografiert werden sollte dann auch nur mit den zwei auch für Dich wichtigsten Linsen.
Nach den Schilderungen bin ich am zweifeln ob ich anstelle Russland und Ukraine (keine Verwandschaftsbezüge und Städtetour Kiew wenn dann mit Flieger) lieber Iran und dann zurück durch Anatolien, Griechenland am Mittelmeer fahre. Für einen interessierten Mitfahrer (Tel. entfernt) der mit meiner Phylosophie „alles ist ein Sandkorn, nichts sind die übrigen Sandkörner der Sahara“ was anfängt wäre ich der Schöpfung sehr dankbar.
Dir für deine Berichte herzlichen Dank
Lieben Gruß Bernhard
ebee 24/05/2020 — Autor der Seiten
Hallo Bernhard, danke für deinen Kommentar. Natürlich würde mehr Zeit an einem Ort auch intensivere Erfahrungen liefern. Aber häufig ist die Zeit mein limitierender Faktor. In Kiew hatte ich z.B. zweieinhalb Tage und das hat in der Tat schon viel gebracht. Zum Fotoequipment: Auf der Kaukasustour hatte ich an der A6000 nur mein Lieblings-Reiseobjektiv dabei (SELP18105G) und als „Backup“ noch eine kompakte RX100. Dieses Jahr wird das (Fern-)Reisen wohl etwas schwierig, aber für 2021 habe ich bereits feste Pläne mit noch deutlich mehr Zeit.